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Konjunkturdämpfer

7. November 2007

Die fünf Wirtschaftsweisen rechnen mit einer merklichen Abkühlung der Konjunktur im kommenden Jahr. Trotz des abflauenden Aufschwungs besteht ihrer Ansicht nach aber keine Rezessionsgefahr in Deutschland.

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Schweißer in einer Fabrik in Frankfurt (Oder), Quelle: dpa
Schweißer in einer Fabrik in Frankfurt (Oder)Bild: picture-alliance/dpa

Der Konjunkturboom schwächelt, kommt aber nicht zum Erliegen. Zu dieser Einschätzung kommen die fünf Wirtschaftsweisen in ihrem neuen Jahresgutachten, das am Mittwoch (7.11.2007) in Berlin veröffentlicht wurde. Aus Sicht des Sachverständigenrats sind in diesem Jahr 2,6 Prozent Wachstum zu erwarten, 2008 aber nur noch 1,9 Prozent. "Dies ist angesichts der guten Verfassung der deutschen Volkswirtschaft noch kein Indiz dafür, dass der Aufschwung zum Erliegen kommt oder gar eine Rezession bevorsteht", schrieben die Professoren in ihrem Gutachten mit dem Titel "Das Erreichte nicht verspielen".

Mit ihrer Prognose sind die Sachverständigen für 2007 optimistischer als die Regierung, aber für 2008 pessimistischer. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos rechnet für dieses Jahr mit einem Wachstum von 2,4 Prozent, das sich dann auf 2,0 Prozent abschwächen dürfte.

Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Quelle: AP
Optimistischer als die Weisen: Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU)Bild: AP

Warnungen an die große Koalition

Die Wirtschaftsweisen lobten die große Koalition. Gleichzeitig warten die Experten aber vor Rückschritten in der Reformpolitik. Derzeit sei eine klare wirtschaftspolitische Strategie nicht mehr erkennbar, schrieben sie in ihrem Gutachten. Die gute Konjunktur sei bislang nur unzureichend für eine weitere Verbesserung der Wachstumsbedingungen genutzt worden. "Vielmehr drohen richtige und wegweisende Reformen konterkariert, wenn nicht sogar zurückgedreht zu werden."

Eine Verwässerung fürchten die Experten etwa bei der Rente mit 67, beim Arbeitslosengeld II und bei der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I. Bestehende Probleme wie die Neuverschuldung oder die Finanzierungsreform der Krankenversicherungen würden zudem ausgeblendet, weil sie in Zeiten des Aufschwungs weniger drängend erschienen.

Unternehmen international wettbewerbsfähig

Die Weisen stellten fest, dass die heimischen Unternehmen nach einem tief greifenden Anpassungsprozess und wegen moderater Tariferhöhungen im globalen Preiswettbewerb gut dastehen. "Ende des Jahres 2007 ist der Wirtschaftsstandort Deutschland wesentlich besser positioniert, als dies zur Zeit der letzten Aufschwungphase der Fall war", schrieben sie in der rund 500 Seiten starken Studie.

Der Aufschwung dürfte der öffentlichen Hand Geld in die Kassen spülen und im laufenden Jahr erstmals seit langem wieder einen ausgeglichenen Haushalt bescheren. Für 2008 erwarten die Wirtschaftsweisen für den Gesamtstaat einen Überschuss in Höhe von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Risikofaktor Ölpreis

Bert Rürup, Vorsitzender des Sachverständigenrates, und Kanzlerin Angela Merkel, Quelle: Ap
Ölförderung im Irak: Steigende Ölpreise drücken stark auf das WachstumBild: AP

Wirtschaftliche Risiken könnten entstehen, wenn es auf den Rohöl-, Devisen- oder Finanzmärkten zu Turbulenzen komme. So würde ein dauerhafter Anstieg des Ölpreises auf über 80 US-Dollar die globale und die deutsche Wirtschaft merklich belasten, warnten die Experten. Eine Erhöhung um zehn Prozent könne die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts schon um 0,1 Prozentpunkte mindern. Unterstellt wurde ein Ölpreis von 80 Dollar je Barrel, aktuell liegt er bei knapp 100 Dollar.

Noch stärkere Bremseffekte hätte eine weitere, rasche Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar und anderen Währungen, erklärten die Gutachter. Ein dauerhafter Anstieg um zehn Prozent würde die hiesige Wachstumsrate sogar um 0,9 Prozentpunkte schmälern. Dank rückläufiger Arbeitslosenzahlen, höherer Tarifabschlüsse und steigender verfügbarer Einkommen ist 2008 mit einem Anstieg des privaten Konsums um 1,7 Prozent zu rechnen. In diesem Jahr waren die Ausgaben wegen der Mehrwertsteuererhöhung noch leicht rückläufig.

Arbeitslosigkeit sinkt weiter

Die Wirtschaftsweisen gehen davon aus, dass die Arbeitslosigkeit stärker sinkt als in früheren Aufschwungphasen. Sie liegt demzufolge im Jahresdurchschnitt 2007 mit 3,783 Millionen um 700.000 unter dem Vorjahreswert. 2008 soll sie auf 3,463 Millionen weiter sinken. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt dem Gutachten zufolge dieses Jahr wahrscheinlich auf 39,769 Millionen und im nächsten auf 40,079 Millionen. (tos)