"Ich glaube, Merkel wird Klimakanzlerin"
4. August 2019Deutsche Welle: Was hat die aktuelle Debatte über eine CO2-Steuer in Deutschland politisch ausgelöst?
Christoph M. Schmidt: Das Klimakabinett der Bundesregierung hat einen klaren Fahrplan bekommen. Im Zentrum möglicher Maßnahmen steht die Bepreisung von Kohlendioxid. Wenn Deutschland diesen Weg geht, dann hat das auch international viel Gewicht.
Unterstützen Sie diese Forderung?
Ja. Die Bewegung Fridays for Future sagt: Wir wollen einen Preis in den Mittelpunkt stellen. Das ist genau der richtige Weg. Das ist ein sehr nüchternes, rationales Vorgehen, um eine Herzensangelegenheit, ein emotional wichtiges Thema, umzusetzen. Das macht mir Hoffnung.
Wie ließe sich eine solche CO2-Steuer in die Praxis umsetzen?
Es ist sinnvoll, mit einem Konzept anzutreten, bei dem man sanfter einsteigt, mit dem klaren Ziel, dann auch den richtigen Preis zu finden. Es geht darum zu zeigen, dass es funktioniert und nicht gleich die ganze Welt zusammenbricht. Durch eine einheitliche Bepreisung von CO2 würde die Einsparung von Emissionen am kostengünstigsten gestaltet, alle anderen Vorgehensweisen sind teurer. Aus der Angst heraus, dass man den Wählern das nicht erklären kann, die teure Alternative zu wählen, das wäre der falsche Weg.
Warum tut sich die Politik der CO2-Steuer so schwer?
Die Politik müsste das Thema selbst umarmen. Alles, was man selbst glaubt, kann man auch gut erklären. Einen einfachen Weg, die Steuer einzuführen und einen Preis auszurufen, gibt es nicht. Wir brauchen eine Menge zusätzlicher flankierender Maßnahmen.
Wie wahrscheinlich ist die Einführung einer solchen CO2 Steuer?
Sie ist wahrscheinlicher geworden, aber nicht sicher. Es wird eine Bepreisung geben, aber ob die dann glaubwürdig ist, das ist dann eine andere Frage.
Wird Angela Merkel doch noch Klimakanzlerin?
Ich glaube ja. Die Hoffnung ist da.
Die Fragen stellte Astrid Prange.
Der Wirtschaftsweise Christoph M. Schmidt ist Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Er ist Präsident des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und Professor für Wirtschaftspolitik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum.