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Wurde bei Sputnik V geschlampt?

29. April 2021

Brasilien hat die Zulassung gestoppt, weil beim Impfstoff ein Trägervirus nicht inaktiv sei und schwere Infekte auslösen könnte. Russland spricht von "Fake News".

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Argentinien Sputnik V Impfstoff
Bild: Carol Smiljan/ZUMA Wire/imago images

Der umstrittene russische Corona-Impfstoff Sputnik V ist weltweit mittlerweile in 60 Ländern zugelassen, die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA prüft noch.

In Brasilien allerdings wird Sputnik V zunächst einmal keine Zulassung bekommen. Laut der staatlichen Arzneimittelbehörde Anvisa gibt es Hinweise darauf, dass das benutzte Trägervirus "Adenovirus 5" der zweiten Impfung nicht inaktiv sei und sich somit vervielfältigen könne.

Das könnte gerade für Menschen mit schwachem Immunsystem gefährlich werden, denn wenn das als Träger benutzte Erkältungsvirus nicht inaktiviert wurde, dann bekommt der Patient quasi direkt den Krankheitserreger injiziert und wird krank, warnte die US-Virologin Dr. Angela Rasmussen vom Center for Global Health Science and Security der Georgetown University auf Twitter:

Wurde bei der Herstellung geschlampt?

Sputnik V ist - wie das Produkt von Astra Zeneca und von Johnson & Johnson - ein Vektorimpfstoff. Bei richtigem Gebrauch sind diese Vektorimpfstoffe sehr zuverlässig und deutlich unkomplizierter als RNA-Impfstoffe, da sie bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden können.

Infografik COVID-19 wo Sputnik V Impfstoff zugelassen ist DE

Bei einer Vektor-Impfung transportieren ungefährliche Viren, z.B. inaktive Erkältungsviren, die Bauanleitung für Spike-Proteine, mit denen der Erreger SARS-CoV-2 an menschliche Zellen andockt, in den Körper. Der Körper des Geimpften erkennt das eingeschleuste Erbgut als Fremdkörper und bildet selbst Antikörper und spezifische T-Zellen - beide sind für die Immunabwehr wichtig.

Eigentlich gehört es zum Standardverfahren bei der Impfstoffproduktion, dass bei den Vektoren die Gene E1 und E3 gelöscht und damit inaktiv werden. Dies aber soll bei den in Brasilien aufgetauchten Sputnik V-Margen nicht der Fall sein - sei es durch Zufall oder Schlamperei.

Auch Slowakei stoppte Impfdosen-Lieferung

Bereits im März 2021 gab es in Slowakei große Aufregung wegen Sputnik V. Bei der Prüfung durch das staatliche Institut für Arzneimittelkontrolle SUKL stellte sich heraus, dass die gelieferten 200.000 Impfdosen nicht in allen Details identisch mit jenem Sputnik V-Impfstoff waren, der in anderen Ländern verimpft wird oder der zuvor in der Fachzeitschrift "The Lancet" präsentiert worden war. "Diese Vakzine haben nur den Namen gemeinsam", resümierten die slowakischen Kontrolleure.

Russland spricht von Fake News

Dies führte zu einem hitzigen Streit zwischen Russland und der Slowakei, dessen Gesundheitsminister zurücktreten musste. Inzwischen hat Russland die gelieferten Vakzine zurückgefordert. 

Auch die neusten Berichte aus Brasilien bezeichnen die Sputnik-Hersteller als "Fake News".  Laut dem für den Vertrieb von Sputnik V zuständigen russischen Staatsfond, dem Russian Direct Investment Fund (RDIF), habe Anvisa keine eigenen Tests durchgeführt, dies habe auch der Anvisa-Chef bestätigt. Außerdem habe Anvisa die gelieferten Daten falsch interpretiert. Die "Big-Pharma-Gegner von Sputnik V haben Angst vor dem Erfolg, können keine Schwachstellen finden und sind gezwungen, mit Fake News aufzuwarten, die leicht zu widerlegen sind", heißt es bei Twitter.

Der Artikel wurde zuletzt am 05.05.2021 aktualisiert und eine weitere Stellungnahme vom Russian Direct Investment Fund ergänzt.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund