Wütende Proteste in Kairo
25. Januar 2013In mehreren Städten kam es nach den Freitagsgebeten zu Straßenschlachten zwischen enttäuschten Ägyptern und der Polizei, unter anderem in Kairo, Alexandria und Suez. Dabei wurden mehr als 300 Demonstranten und Polizisten verletzt. In Suez wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen neun junge Männer durch Schüsse getötet, als sie das Gouverneursgebäude stürmen wollten.
In der Hauptstadt Kairo trafen am Nachmittag mehrere Protestmärsche auf dem zentralen Tahrir-Platz ein, wo vor zwei Jahren der Aufstand gegen den damaligen Präsidenten Husni Mubarak begonnen hatte. Unter den Demonstranten waren auch der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, sowie Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei. Die Menge forderte eine "neue Revolution" und "echte Demokratie".
Polizei setzt Tränengas ein
Während es auf dem Tahrir-Platz relativ ruhig blieb, kam es in den Nebenstraßen wie schon am Vorabend zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten. Die Ordnungskräfte setzten Tränengas ein. Zudem versuchten einige Demonstranten nach Angaben der Muslimbrüder, ein Büro der Organisation in Stadtteil Tawfikija zu stürmen. Die Angreifer wurden von Anwohnern vertrieben.
Auch in Alexandria, der zweitgrößten Stadt des Landes, kam es zu Unruhen. Demonstranten zündeten Reifen an, die Polizei setzte Tränengas ein. In der Stadt Ismailija, im Norden des Landes, setzten Protestler das örtliche Parteibüro der Muslimbrüder in Brand.
"Die Revolution ist noch nicht vorbei"
Unter dem Motto "Brot, Freiheit, soziale Gerechtigkeit" hatte die liberale und linke Opposition an diesem Freitag zu landesweiten Protesten aufgerufen. Das war bereits die Losung vor zwei Jahren. "Lasst uns auf die öffentlichen Plätze gehen, um endlich die Ziele der Revolution zu erreichen", hatte Friedensnobelpreisträger el-Baradei auf Twitter geschrieben. Der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergiebehörde ist ein prominenter Vertreter der Opposition.
Viele Ägypter sind unzufrieden mit der neuen Regierung unter Präsident Mohammed Mursi. Sie werfen Mursi vor, die Ziele der Revolution verraten zu haben und zusammen mit den Muslimbrüdern, aus denen auch Mursi hervorgegangen ist, das Land auf Kosten der säkularen Kräfte zu dominieren. Ägypten steckt zudem in einer tiefen wirtschaftlichen Krise.
Die Muslimbrüder weisen die Vorwürfe zurück und verweisen auf das Ergebnis der Parlamentswahl, aus denen sie als stärkste Kraft hervorgegangen waren. Sie werfen der Opposition ihrerseits vor, die demokratischen Spielregeln nicht zu respektieren. Mursi hatte angesichts der Proteste am Donnerstag von einer "Konterrevolution" gesprochen und behauptet, die Proteste würden von "Überbleibseln des Mubarak-Regimes" gesteuert.
gmf/SC (afp, dapd, dpa, rtr)