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Video von Pussy Riot

Anastassia Boutsko/Heike Mund4. Februar 2016

Der optische Imagewandel mag irritieren, die Kernaussage bleibt: Punk-Dissidentin Nadeschda Tolokonnikowa meldet sich mit einem neuen Pussy-Riot-Video zurück - als politische YouTube-Aktion.

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Screenshot Pussy Riot-Video Chaika auf Youtube
Bild: Youtube/PussyRiotVideo

Wer maskierte Frauen in bunten Strümpfen im wilden Pogo-Tanz in Erinnerung hat, mag überrascht sein: Pussy Riot-Anführerin Nadeschda Tolokonnikowa trägt in ihrem neuen Video, das aktuell am 03.02.2016 veröffentlicht wurde, figurbetonte Polizeiuniform und rote High Heels. Lasziv gibt sie eine Art russische Lady Gaga. Im Text ihres Rap-Songs geht es trotz Sexposen um das derzeitige Hauptthema der russischen Protestbewegung: den Korruptionsskandal um den Clan des russischen Generalstaatsanwaltes Juri Tschaika.

Mit YouTube-Video gegen Korruptionsmachenschaften

Bereits im Dezember veröffentlichte der russische Blogger Alexei Nawalny eine Dokumentation über die Machenschaften der Tschajka-Söhne Oleg und Igor. Im Schatten der Macht ihres Vaters haben die beiden riesige Vermögen angehäuft, besitzen Salzbergwerke in Russland und Luxushotels in Griechenland.

Seine Film-Dokumentation machte im russischen Internet Furore. Die charakteristische "Tschaika"-Geste (über Brust gekreuzte Hände, die einen fliegenden Vogel nachahmen, der Nachname "Tschaika" bedeutet "Möwe") ist seitdem die neue Kennung der Protest-Szene. Das Wort "Tschaika" ist zum Inbegriff der Korruption geworden. Eine symbolische Geste, die Polit-Aktivistin Nadeschda Tolokonnikowa jetzt in ihrem aktuellen Videoclip aufgreift.

Pussy Riot in London Großbritannien 11.2014
Medienstars: Marija Aljochina und Nadeschda Tolokonnikowa im November 2014 in LondonBild: Mediazone


"Russland ist nicht Gay-Ropa, unsere Probleme klären wir schon unter uns", rappt Tolokonnikowa, während sie sich auf dem Tisch des Staatsanwaltes vor einem Putin-Portrait räkelt. Damit nimmt die Pussy Riot-Frontfrau auch die anti-europäische Propaganda der russischen Medien aufs Korn.

Das Video ist bewusst in der Ästhetik des "russischen Pop" gedreht, der in Russland von Massen konsumiert wird. Die Youtube-Aktion ist, so Tolokonnikowa, als Aufruf an die "schweigende Mehrheit" zu verstehen. Das Video wurde bereits in den ersten 24 Stunden fast eine halbe Million mal geklickt. Große Begeisterungsstürme rief das Comeback der Punk-Aktivistinnen dennoch nicht aus: "Das Thema ist zwar wichtig, aber die musikalische wie darstellerische Qualität enttäuschend", so der Tenor zahlreicher Kommentare im Netz.

Sie werden bald nach Deutschland kommen: Die beiden Menschenrechts-Aktivistinnen Nadeschda Tolokonnikowa und Marija Aljochina von der kremlkritischen Punkband Pussy Riot sind in diesem Jahr Jurymitglied für das "Cinema for Peace". Zusammen mit dem chinesischen Künstler und Filmemacher Ai Weiwei, in diesem Jahr der Jurypräsident, werden sie auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung den sozial wertvollsten Film des Jahres 2015 auszeichnen.

Im März 2016 hat Nadeschda Tolokonnikowa auf dem Europäischen Literaturfestival litcologne in Köln einen ganz besonderen Auftritt. Sie liest dort aus ihrem neuen Buch "Anleitung für eine Revolution", so der beziehungsreiche Titel.

Protestaktion gegen Kremlfürsten Putin

Anfang 2012 war die 26-Jährige Tolokonnikowa zusammen mit zwei weiteren Mitgliedern von Pussy Riot von der russischen Polizei festgenommen worden. In einer Kirche hatten sie ein "Punk-Gebet" abgehalten, in dem sie offen den russischen Präsidenten Putin kritisierten. Wegen "Rowdytums" und "Aufwiegelung zu religiösem Hass" wurden die Frauen zu zwei Jahren Arbeitslager verurteilt, kamen jedoch 2013 nach einer Begnadigung durch Putin vorzeitig frei.