Mehr Tote bei Bränden in Spanien und Portugal
17. Oktober 2017Besonders dramatisch ist die Situation in Portugal. Im Norden und in der Mitte des Landes starben mindestens 36 Menschen, sieben werden nach Angaben der Behörden noch vermisst. Der portugiesische Regierungschef Antonio Costa rief für die betroffenen Regionen den Ausnahmezustand aus und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.
Am Montagabend waren mehr als 3600 Feuerwehrleute im Einsatz und die Behörden gingen von rund 50 Brandherden aus. Etwa die Hälfte davon seien Großfeuer, heiß es. Löschflugzeuge konnten vielerorts nicht aufsteigen, weil die Piloten im dichten Rauch nicht genügend Sicht hatten.
Zahl der Opfer steigt weiter
Nach Angaben des Zivilschutzes kann die Zahl der Opfer sich weiter erhöhen. Sprecherin Patricia Gaspar sagte, dass von den mehr als 60 Verletzten 17 in Lebensgefahr schwebten. Sie bestätigte zudem, dass auch ein einmonatiges Baby unter den Opfern ist.
Die Regierung in Lissabon hat von der Europäischen Union Hilfe angefordert. Der Bitte nach Löschflugzeugen habe man zunächst nicht nachkommen können, sagte ein EU-Sprecher in Brüssel. Später erklärte der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides, erste EU-Hilfen seien unterwegs in die Region. Darunter befänden sich auch italienische Löschflugzeuge, die in den am schwersten betroffenen Regionen zum Einsatz kommen sollen.
Kritik an den Behörden
In den von Flammen weitgehend zerstörten Regionen klagten viele Bewohner, sie seien von den Behörden ihrem Schicksal überlassen worden. "Hier haben wir keinen einzigen Feuerwehrmann gesehen, sagte eine Frau in der Ortschaft Vila Nova de Poiares nahe der Universitätsstadt Coimbra dem Fernsehsender RTP. "Wir haben das Feuer mit Schlauch und Wasserflaschen bekämpft." Die Behörden riefen die Menschen am Montag dazu auf, selbst gegen die Flammen vorzugehen, da nicht überall auf Feuerwehrleute gewartet werden könne.
Ein Sprecher des Zivilschutzes wies die Kritik an den Behörden zurück. Nicht eine falsche Strategie der Brandbekämpfung sei Grund für die Eskalation, sondern ursächlich verantwortlich seien die Heftigkeit der Brände und die besonders große Trockenheit in diesem Jahr.
Jahrzehntelange Misswirtschaft
Premierminister Costa weigerte sich, seine Innenministerin Constança Urbano de Sousa zu entlassen und verteidigte die Bemühungen seiner Regierung, das kritisierte Waldwirtschaftsmanagement zu reformieren. "Wir stehen vor einem strukturellen Problem. Dies ist nicht die Zeit für Rücktritte, sondern für Lösungen", sagte Costa im Anschluss an eine Fernsehansprache an die Nation. Er sei sich bewusst, dass die Bevölkerung Resultate sehen wolle, doch man befinde sich in einem Wettlauf mit der Zeit nach Jahrzehnten der Misswirtschaft, so der Regierungschef.
Nach Ansicht von Experten erhält Portugal die Quittung für Defizite in der Landbewirtschaftung. Viele der traditionell kleinen landwirtschaftlichen Flächen sind zu potenziellen Feuerquellen geworden, weil sie nicht mehr bewirtschaftet wurden, nachdem die Besitzer in die Städte gezogen sind.
Ermittler jagen Brandstifter
Ebenfalls dramatisch ist die Situation weiterhin in der spanischen Region Galicien. Durch die Busch- und Waldbrände dort kamen bislang vier Menschen ums Leben. Etliche Feuer sind nach offiziellen Angaben das Werk von Brandstiftern. Trotz der ungelösten Krise um Katalonien fuhr der spanische Regierungschef Mariano Rajoy nach Galicien, um sich ein Bild zu machen.
Anschließend sagte er es werde alles getan, um die Urheber der Brände festzunehmen. "Was wir hier erleben, ist kein Zufall", sagte Rajoy. "Das wurde bewusst verursacht."
In Spanien und Portugal kommt es in den trockenen und heißen Sommermonaten häufig zu Waldbränden. Die Serie der Feuer in diesem Jahr bis in den Herbst hinein ist jedoch auch für die Region außergewöhnlich. Erst im Juni waren bei Waldbränden auf der iberischen Halbinsel mehr als 60 Menschen gestorben.
mak/qu (dpa, afp, rtre)