Zahl der Toten eines Massakers im Kongo stark gestiegen
6. Dezember 2022Der kongolesische Industrieminister Julien Paluku gab die neue Zahl von 272 Todesopfern bekannt. Unter den Opfern in der Provinz Nord-Kivu seien auch Kinder, die in einer Kirche und in einem Krankenhaus getötet worden seien. Paluku war zuvor Gouverneur der umkämpften östlichen Provinz an der Grenze zu Uganda und Ruanda. Der Minister warf zugleich der Rebellengruppe M23 vor, für den Angriff am 29. November in der Stadt Kishishe im Osten des Landes verantwortlich zu sein. Die Rebellenorganisation bestreitet das.
Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo erklärte zudem, die Rebellen hätten Zivilisten in der Region zwangsrekrutiert. Außerdem sei die M23 von Mitgliedern der ruandischen Armee unterstützt worden. Ruanda hat solche Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Landesweit Protestmärsche
Am Sonntag versammelten sich im Kongo Menschen zu Protesten gegen die anhaltende Gewalt im Osten des Landes. In mehreren Landesteilen prangerten Katholiken nach den Gottesdiensten eine zunehmende "Balkanisierung" des zentralafrikanischen Landes durch Rebellen an. "Jetzt liegt es an jedem einzelnen, Verantwortung zu übernehmen und zur Befriedung des Landes beizutragen", betonte der Bischof von Butembo-Beni, Melchisedec Sikuli Paluku, nach einer Meldung von Radio Okapi.
Berichten zufolge hatte die einflussreiche Kongolesische Bischofskonferenz zu den Protestmärschen aufgerufen. "Wir haben den Krieg satt", wird Bischof Dieudonne Uringi in der Provinz Ituri zitiert. In der Provinzhauptstadt Goma musste die Protestaktion aus Sicherheitsgründen abgesagt werden.
Die Vereinten Nationen hatten vergangene Woche mitgeteilt, dass sie Berichte über eine hohe Zahl von Opfern unter der Zivilbevölkerung infolge von Kämpfen der M23 mit lokalen Milizen in Kishishe erhalten hätten. Die kongolesische Armee und die M23, eine von der Gruppe der Tutsi geführte Miliz, liefern einander seit Monaten Kämpfe im Osten des Landes.
Wirkungslose Feuerpause
Vor zwei Wochen hatten sich ostafrikanische Staats- und Regierungschefs bei einem Krisengipfel auf eine Waffenruhe verständigt. Die M23-Rebellen waren nicht Teil der Verhandlungen. Stattdessen stellte man ihnen in Aussicht, den Frieden notfalls zu "erzwingen". Die Kämpfe gingen auch nach der Verkündung der Waffenruhe weiter. Kenia und andere ostafrikanische Länder stellen derzeit eine regionale Eingreiftruppe für den Ostkongo zusammen.
Auch die USA haben sich in den Konflikt eingeschaltet. US-Außenminister Antony Blinken sagte, er habe ein "produktives Gespräch" mit dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame über die Notwendigkeit von Frieden und Sicherheit im Osten der DR Kongo geführt. Der ruandische Außenminister Vincent Biruta erklärte indes, es gebe nach wie vor unterschiedliche Auffassungen. Die Kämpfe in der DR Kongo beunruhigen zunehmend auch die Nachbarstaaten in Zentral- und Ostafrika.
Die M23-Miliz hat in diesem Jahr mehrere Offensiven im Osten der DR Kongo gestartet und erstmals seit 2012 bedeutende militärische Fortschritte erzielt. Durch die Kämpfe mit der Armee wurden seit März Tausende Menschen aus ihren Wohngebieten vertrieben. Die M23-Bewegung besteht aus ehemaligen Soldaten der kongolesischen Armee, die 2012 eine Rebellengruppe gebildet hatten. Im Kongo sollen nach Angaben der USA etwa 130 unterschiedliche bewaffnete Gruppen aktiv sein – vielen von ihnen geht es um die Kontrolle wertvoller Bodenschätze.
kle/sti (rtr, dpa, kna)