Zum Schutz vor Vogelgrippe sollen Hühner in den Stall
19. August 2005Der stellvertretende Leiter der russischen Veterinärbehörde, Jewgeni Nepoklonow, hat am Freitag (19.8.2005) dazu aufgerufen, der Ausbreitung der Vogelgrippe mit international abgestimmten Maßnahmen zu begegnen. "Jeder Teil der Erde ist dem Seuchenrisiko ausgesetzt", sagte Nepoklonow.
Stallpflicht in den Niederlanden
Seitdem sich die Vogelgrippe in Russland ausgebreitet hat, warnen Experten vor der Einschleppung der Krankheit in der für Menschen gefährlichen Form H5N1 durch Zugvögel. In den Niederlanden muss alles Geflügel auf kommerziell betriebenen Höfen eingesperrt werden, ordnete das Landwirtschaftsministerium in Den Haag an. Die Züchter können selbst entscheiden, ob sie die Tiere in Ställe sperren oder über freien Flächen Verschläge bauen und Schutzwände ziehen.
In den Niederlanden leben rund 5,5 Millionen der insgesamt 90 Millionen kommerziell gezüchteten Hühner in Freilandhaltung. Das Land erlebte 2003 eine Vogelgrippe-Welle, die auch einen Tierarzt das Leben kostete - allerdings war eine andere Virus-Variante schuld.
Deutschland setzt auf Forschung
In Deutschland dürfen die Hühner dagegen vorerst noch frei herumlaufen, erklärte Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Grüne). Erst Mitte September sollten in Deutschland Vorsichtsmaßnahmen vor der Vogelgrippe in Kraft treten, weil dann erst Zugvögel in Deutschland erwartet würden.
Geplant ist neben einer Ausweitung der Wildvogelbeobachtung dann auch das Einsperren von Freilandgeflügel - zunächst für drei Monate. Wenn es zu einem Ausbruch der Vogelgrippe kommen sollte, greift die Geflügelpestverordnung: Dann werden die betreffenden Geflügelbestände getötet sowie Sperrbezirke eingerichtet. Künast betonte, ihr Ministerium sei "auf Tierseuchenfälle vorbereitet und wird alle nötigen Maßnahmen koordinieren".
Um für eine mögliche Grippe-Pandemie besser gerüstet zu sein, gab das Finanzministerium schon mal 20 Millionen Euro für die Impfstoff-Forschung frei. Das Geld soll über die Jahre bis 2010 verteilt werden.
Österreich: "Nicht bedroht"
Österreich sieht sich im Vergleich zu Deutschland weniger von der näher rückenden Vogelgrippe bedroht. Präventivmaßnahmen wie ein Verbot der Freilandhaltung für Geflügel sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums nicht vorgesehen. "Wir haben eine geringere Geflügeldichte als in Deutschland oder den Niederlanden", sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur APA. Auch vom Vogelzug sei Österreich weniger betroffen.
Schmuggel gefährlicher als Zugvögel
Die Gefahr, dass das Vogelgrippe-Virus über Zugvögel auch Mitteleuropa erreichen könnte, ist nach Expertenansicht eher gering. Als gefährlichsten Weg der Übertragung nannte Thomas Mettenleiter vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit die illegale Einfuhr von Tieren aus den betroffenen Gebieten und den Kontakt mit infiziertem Geflügel.
Die Verbreitung durch Vogelzug sei jedoch auch nicht völlig ausgeschlossen, sagte Mettenleiter. "Es müssen viele Zufälle zusammenkommen, damit das geschieht", erklärte aber Ommo Hüppop, Leiter der Vogelwarte Helgoland. "Die Lebensräume von Zugvögeln und Zuchtgeflügel sind so unterschiedlich, dass eine Übertragung relativ unwahrscheinlich ist." Die Mehrzahl der in Deutschland vorkommenden Zugvögel würde die Uralregion überhaupt nicht überfliegen. "Die meisten Arten, die hier durchziehen, kommen aus Skandinavien", sagte Hüppop. Es gebe allerdings Entenarten aus dem Ural, die aus dem Osten nach Westen flögen, sagte Mettenleiter. Deren Ankunft in Deutschland halte er aber für "eher ausgeschlossen".
Embargo ausgedehnt
Inzwischen wurde das EU-weite Importverbot für Geflügel, Wildvögeln und Federn von mehreren asiatischen Ländern auf Russland und Kasachstan ausgeweitet. An den Grenzen gelten außerdem stärkere Kontrollen bei der Einreise, wenn der Verdacht besteht, dass das Virus eingeschleppt wird. (reh)