Paris-Attentäter entkommen?
15. November 2015Zwei Tage nach den blutigen Anschlägen von Paris ist ein schwarzer Seat gefunden worden, den die Attentäter bei ihren Angriffen auf Cafés und Restaurants benutzt hatten. Der Wagen wurde im östlichen Vorort Montreuil entdeckt und enthielt mehrere als Kalaschnikows bekannte AK-47-Sturmgewehre. Solche Gewehre hatten die Attentäter in Paris benutzt.
Laut dem Pariser Staatsanwalt François Molins berichteten Augenzeugen, dass die Angreifer einen schwarzen Seat benutzten, als sie am Freitag um 21.32 Uhr eine Bar in der Rue de la Fontaine au Roi und um 21.36 ein Restaurant in der Rue de Charonne beschossen.
Nach Einschätzung der Polizei bedeutet der Fund des Wagens, dass eines der drei Terrorkommandos fliehen konnte, wie der Sender Europe 1 berichtete. Unklar blieb, ob der oder die Täter weiter auf der Flucht sind, oder bereits am Samstag in Belgien gefasst wurden. Dort wurden bei einer Razzia der Polizei im Brüsseler Einwanderer-Stadtteil Molenbeek mehrere Menschen festgenommen.
Die Pariser Anschlagsserie mit insgesamt 129 Todesopfern – darunter auch ein Deutscher, wie das Auswärtige Amt jetzt bekanntgab - und mehr als 350 Verletzten vom Freitagabend waren nach ersten Ermittlungen eine minutiös koordinierte Kommandoaktion von Anhängern der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Laut Staatsanwalt Molins operierten die Attentäter in drei Gruppen: Eine Gruppe aus drei Angreifern sprengte sich an der Fußball-Arena Stade de France im Norden von Paris in die Luft. Ein Attentäter zündete in einem Restaurant am Boulevard Voltaire seine Sprengstoffweste nicht weit von dem Anschlagsort in der Rue de Charonne.
Eine Gruppe von drei Extremisten schließlich fuhr mit einem Polo vor der Konzerthalle Bataclan im Osten der Pariser Innenstadt vor, wo sie zahlreiche Menschen töteten, bevor sie sich beim Zugriff der Polizei selbst in die Luft sprengten. Molins sagte, die Terroristen hätten bei ihren Taten Syrien und Irak erwähnt. Außerdem hätten sie die absolut gleiche Art von Sprengstoffwesten getragen, sagte Molins – "darauf ausgelegt, ein Maximum an Opfern zu erzeugen durch den eigenen Tod".
"Wir sind im Krieg"
Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem "Kriegsakt" des IS und kündigte "angemessene Entscheidungen" an. Premierminister Manuel Valls sagte dem Sender TF1: "Ja, wir sind im Krieg." Frankreich werde handeln, um diesen Feind zu zerstören. "Wir ergreifen daher außergewöhnliche Maßnahmen. Und diesen Krieg werden wir gewinnen", schrieb Valls auf Twitter.
Von den Angreifern wurde bisher nur ein Mann identifiziert: ein 29-jähriger Franzose namens Omar Ismail Mostefai. Der junge Mann, der der Polizei wegen mehreren Straftaten bekannt war, gehörte zu den Angreifern im Bataclan und wurde anhand eines Fingers identifiziert.
Aus Polizeikreisen verlautete, es seien insgesamt sechs Menschen aus dem Umfeld Mostefais festgenommen worden. Neben seinem Vater und einem Bruder wurde auch dessen Frau verhört. Zudem wurden ihre Wohnungen durchsucht. Aus Ermittlerkreisen hieß es, es sei normal in derartigen Fällen, Angehörige zu Verhören in Gewahrsam zu nehmen. Der 34-jährige Bruder sagte, er habe länger keinen Kontakt mit Mostefai gehabt.
Pass gefälscht
Bei einem anderen Attentäter wurde laut Polizeikreisen ein syrischer Pass gefunden, der aber offensichtlich gefälscht war. Nach offiziellen Angaben aus Athen soll der Mann Anfang Oktober als Flüchtling aus der Türkei nach Griechenland gekommen sein.
Die deutschen Behörden gehen nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Hochdruck möglichen Bezügen nach Deutschland nach. Der CDU-Politiker verwies auf den Fall eines 51 Jahre alten Autofahrers, der möglicherweise auf dem Weg nach Paris vor gut einer Woche in Oberbayern mit einem großen Waffen-Arsenal aufgeflogen war. Der Fall werde gerade aufgeklärt, betonte der Minister nach einer Krisensitzung im Kanzleramt. "Es gibt einen Bezug nach Frankreich, aber es steht nicht fest, ob es einen Bezug zu diesem Anschlag gibt."
Die Anschläge von Paris ereigneten sich nur zehn Monate nach dem Attentat auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" und einen koscheren Supermarkt. Es handelt sich um die schlimmste Terrorserie in Europa seit mehr als zehn Jahren. Im März 2004 waren bei mehreren Anschlägen auf Züge in Madrid 191 Menschen getötet und annähernd 2000 verletzt worden - auch diese Anschläge gingen auf das Konto islamistischer Terroristen.
stu/SC (afp, dpa, APE)