"Amphan" tobt in Indien und Bangladesch
21. Mai 2020Überschwemmte Häuser, entwurzelte Bäume, zerstörte Stromleitungen - der Zyklon "Amphan" hat in Teilen Westindiens und Bangladeschs eine Schneise der Zerstörung hinterlassen. Nach ersten Angaben der Behörden kamen mindestens 80 Menschen ums Leben. Einige Opfer wurden von umstürzenden Bäumen erschlagen.
"Die Situation ist besorgniserregender als die Coronavirus-Pandemie. Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen", erklärte die Regierungschefin des indischen Bundesstaates Westbengalen, Mamata Banerjee. "In den Küstendörfern des Staates ist fast alles zerstört." Mit Windgeschwindigkeiten zwischen 113 und 185 Stundenkilometern traf der Zyklon die Hauptstadt von Westbengalen, Kolkata (früher Kalkutta), in der knapp 15 Millionen Menschen leben.
Über der Stadt gingen heftige Regenfälle nieder, die Überschwemmungen verursachten. Sturmböen entwurzelten Bäume, die Telekommunikation in der Region ist teilweise unterbrochen, ebenso die Stromversorgung. Laut Medienberichten rollte eine Sturmflut mehrere Kilometer landeinwärts. Im Südwesten Bangladeschs wurden nach Angaben eines örtlichen Polizeibeamten große Teile des küstennahen Ackerlandes überflutet.
Die Behörden zeigten sich auch besorgt über Verwüstungen in den Sundarbans-Mangrovenwäldern, die sich in der betroffenen Region über beide Länder erstrecken und zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Ein Dorfbewohner, der auf der indischen Seite der Wälder lebt, sagte fassungslos: "Die Häuser sehen aus, als seien sie von einem Bulldozer überfahren worden. Alles ist zerstört."
Mehr als drei Millionen Menschen in Sicherheit gebracht
Im ostindischen Bundesstaat Westbengalen wurden mehr als 300.000 Menschen aus Küstendörfern in Sicherheit gebracht. Über 20.000 Polizisten, Rettungskräfte und Freiwillige waren mit Booten und Bussen im Einsatz. In Bangladesch mussten 2,2 Millionen Menschen ihre Häuser verlassen. Insgesamt waren es mehr als drei Millionen Menschen.
Die Corona-Pandemie machte die große Evakuierung vor dem Sturm noch schwieriger als sonst bei solchen Stürmen. Um Abstand zu gewährleisten, stellten Behörden beider Länder nach eigenen Angaben mehr Notunterkünfte zur Verfügung. Trotzdem konnten die Leute in den Unterkünften nicht immer genügend Abstand halten, wie Fernsehbilder zeigten.
Wirbelstürme kommen im Golf von Bengalen immer wieder vor. Bei einem großen Zyklon im Jahr 1999 starben rund 10 000 Menschen. Experten gehen davon aus, dass die Intensität der Stürme in den vergangenen Jahren unter anderem wegen des Klimawandels tendenziell zugenommen hat. Die Opferzahlen waren aber in den vergangenen Jahren generell kleiner, da es inzwischen mehr gute Notunterkünfte und Evakuierungspläne gibt.
se/al/as/bri (afp, ap, dpa, rtr)