Öl nicht nur für Lebensmittel verkauft
17. Mai 2005
Mit dem Programm "Öl für Lebensmittel" (Gesamtvolumen: 64 Milliarden Dollar) wurde der irakischen Regierung von 1996 bis 2003 der Verkauf bestimmter Mengen Erdöl erlaubt, um Medizin und Lebensmittel für die Bevölkerung zu importieren.
Nach Erkenntnissen des Senatsausschusses wollte der irakische Präsident sich mit der Zuteilung von Öl-Gutscheinen Unterstützung in den Ländern erkaufen, die im Weltsicherheitsrat über Sanktionen entscheiden. Politiker in aller Welt sollen in korrupte Geschäfte im Rahmen des Programms verstrickt sein, wie aus dem 300 Seiten umfassenden Untersuchungsbericht des US-Senats hervorgeht. Das Papier wurde am 16. Mai 2005 veröffentlicht.
Was machte Russland mit seinen Ölzuteilungen?
Fast ein Drittel der Öl-Zuteilungen im Rahmen des Programms gingen offenbar an Russland. Die Zuteilungen berechtigten den Besitzer, irakisches Öl zu einem reduzierten Preis zu kaufen. Auch die Zuteilung selbst konnte mit Gewinn verkauft werden. Davon verlangte Saddam Hussein dem Bericht zufolge einen prozentualen Anteil für sich selbst. "So hat Saddam das Öl-für-Lebensmittel-Programm eingesetzt, um Gewinne zu machen und politische Zugeständnisse zu erreichen", sagte Senator Norm Coleman, der Vorsitzende des Ausschusses.
Das Öl selbst floss aber nie nach Russland, sondern wurde vermutlich an die USA weiterverkauft. Von dem illegalen Geschäft profitierten Politiker, Ministerien und Parteien. Der Senat bezieht sich auf Unterlagen irakischer Ministerien und Gespräche mit Beamten aus der Saddam-Zeit, darunter die Aussagen von 16 früheren Mitarbeitern der irakischen Regierung. Unter ihnen seien Vizepräsident Ramadan und der frühere stellvertretende Ministerpräsident Tarik Asis. Weitere Namen wurden nicht genannt.
Vorwürfe zurückgewiesen
Der ehemalige Chef der Kreml-Verwaltung, Alexander Woloschin, habe ebenso wie der nationalistische Abgeordnete Wladimir Schirinowski im Rahmen des "Öl-für-Lebensmittel"-Programms Ölzuteilungen im Wert von mehreren Millionen Dollar erhalten - so steht es jedenfalls in dem Bericht des US-Senats. Saddam Husseins Vizepräsident Taha Jassin Ramadan habe erklärt, die Ölzuteilungen hätten dazu gedient, die UN-Sanktionen gegen den Irak zu beenden.
Schirinowski soll zwischen 1997 und 2002 neun Millionen Dollar Gewinn mit seiner Ölzuteilung von 76 Millionen Barrel Öl gemacht haben. Woloschin und eine Putin nahestehende Partei hätten 90 Millionen Barrel erhalten und damit zwischen 1999 und 2003 drei Millionen Dollar Gewinn gemacht.
Schirinowski erklärte unmittelbar nach Veröffentlichung des Berichts, er habe niemals Geld aus dem Irak erhalten. Er habe zwar geholfen, irakisches Öl nach Russland zu bringen, dies habe er jedoch aus Patriotismus getan und sei bezahlt worden. Auch das russische Außenministerium wies die Vorwürfe zurück und erklärte, der US-Ausschuss wolle mit dem Bericht die Vereinten Nationen diskreditieren. Das Ministerium verwies darauf, dass in dem US-Bericht die Verwicklung amerikanischer Firmen in den Skandal nicht aufgeführt werde.
Internationale Verwicklungen
In den Korruptionsskandal um das Programm sollen auch zahlreiche andere ausländische Firmen und ranghohe UN-Beamte verwickelt sein. Vorwürfe der Vorteilsnahme hatte der US-Senat auch schon gegen den britischen Abgeordneten George Galloway und den früheren französischen Innenminister Charles Pasqua erhoben. Galloway und Pasqua waren entschiedene Kritiker der damaligen UN-Sanktionen gegen den Irak. UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte es in der Vergangenheit wiederholt abgelehnt, wegen der Affäre zurückzutreten.
Interner Streit um Geheimdokumente
Ein Streit zwischen der Untersuchungskommission, der so genannten "Volcker-Kommission, und ihrem Ex-Mitarbeiter Robert Parton beschäftigt bereits die Gerichte: Parton hatte US-Ausschüssen Unterlagen übergeben, die er aus seiner Zeit als Mitarbeiter der Kommission behalten hatte. Der Ausschussvorsitzende Paul Volcker wirft ihm vor, damit das Leben von Zeugen aufs Spiel zu setzen und forderte vor Gericht die Herausgabe aller Unterlagen. Parton reichte nach UN-Angaben seinerseits Klage gegen die Kommission ein. Er beschuldigt Volcker unter anderem, Annans Rolle in der Angelegenheit in der Öffentlichkeit beschönigt zu haben. (arn)