Überleben nach dem Tsunami
1. Februar 2005Die Welttourismusorganisation (WTO) der Vereinten Nationen hat erstmals in ihrer Geschichte eine Sonderkonferenz einberufen, an deren Ende die Veröffentlichung eines Aktionsplanes stehen wird. Mehr als 100 Tourismus-Experten und Offizielle verschiedener Organisationen aus 30 Ländern diskutieren zwei Tage bis zum 1. Februar über die Folgen der Tsunami-Schäden für den Tourismus in Südasien.
Das Treffen verfolgt nach Angaben von WTO-Generalsekretär Francesco Frangialli zwei Ziele: Zum einen wolle die internationale Tourismusbranche ihre Solidarität mit den von der Katastrophe getroffenen Ländern zum Ausdruck bringen, zum anderen soll eine Bilanz aus Sicht der Reisewirtschaft aufgestellt werden.
Konferenz als symbolischer Akt
Auf Bitten der thailändischen Regierung war die Dringlichkeitssitzung auf die Urlaubsinsel Phuket verlegt worden. Ursprünglich sollte das Treffen in Bangkok stattfinden. In Phuket sind seit dem verheerenden Seebeben nur noch etwa zehn Prozent der Betten belegt, mehr als 10.000 Menschen haben ihren Job verloren. "Der Hauptwert dieser Konferenz liegt im symbolischen Akt: Die Region will zeigen, dass der Urlaub dort weiterhin möglich ist", sagt Karl Born, Professor für Tourismusmanagement an der Hochschule Harz in Wernigerode.
Wichtig ist nach seiner Auffassung, die Reisenden über die Zustände vor Ort zu informieren. "Viele Hotels stehen ja noch, und viele Regionen sind von der Flut gar nicht betroffen."
Für die Touristen zähle in erster Linie, dass alles mit der Infrastruktur stimme. "Trotzdem bleibt die Pietätsfrage – und die muss jeder für sich entscheiden, da gibt es keine moralischen Vorgaben." Die Aufklärungsarbeit läuft, findet der Experte, sehr gut. "Die deutsche Tourismusindustrie bemüht sich sehr."
Langfristige Strategien notwendig
Allerdings ist es nach seiner Meinung utopisch, mit aller Gewalt in kurzer Zeit wieder den Stand vor dem Beben herzustellen. "Eine langfristige Planung ist realistischer," meint Born.
Auch Robin Zimmermann, Sprecher des Reiseveranstalters TUI in Hannover, glaubt nicht an eine schnelle Behebung der Touristenflaute: "Bis zur kommenden Wintersaison wird es dauern, das normale Buchungsvolumen für Südasien zu erreichen."
Kampagnen, die die Flutregion als Urlaubsziel anpreisen, richten sich nach Borns Ansicht hauptsächlich an Asienfans und Kenner der Region: "Wer hingegen Jahre lange auf eine Thailand-Rundreise mit Badeferien gespart hat, wird mindestens ein Jahr mit dem Urlaub warten."
Nur Teile der Region zerstört
Tourismus-Experten und Offizielle aus der Region weisen gleichermaßen darauf hin, dass der Urlaub in vielen Regionen problemlos möglich ist. "Die Malediven sind noch immer das Paradies des Indischen Ozeans", sagt deren Tourismusminister Mustafa Lutfi. Nur ein Drittel der Ressorts auf dem 1190 Inseln umfassenden Archipel sei geschlossen. Man sei "zürück im Geschäft".
So wichtig wie für die Malediven, auf denen der Tourismus rund 30 Prozent des Bruttosozialproduktes ausmacht, sind die Reisenden für Indonesien nicht. Zwar ist die Inselgruppe am schwersten von der Flutwelle betroffen, doch touristisch spielt sie in der zweiten Liga. Einzig Bali ist für die Reiseveranstalter interessant – liegt aber rund 3000 Kilometer von der überfluteten, für Touristen ohnehin aber gesperrten Provinz Aceh entfernt.
Den Veranstaltern der Konferenz kommt es in Phuket darauf an, den Asientourismus wieder auf die richtige Fährte zu bringen und vielen Menschen ihre Existenzgrundlage wieder zu geben. Mehr als 50 Millionen Urlauber sollten dieses Jahr in Südostasien urlauben, 56 Millionen im kommenden Jahr.
Storniert wird bei den Reiseveranstaltern noch immer, umgebucht auch. Dagegen wollen die Offiziellen mit ihrem Aktionsplan vorgehen: mit langfristigen Strategien, gezielter Werbung und schnellem Wiederaufbau der verwüsteten Regionen.