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Überraschungs-Coup in Sri Lanka

Thomas Bärthlein 6. November 2003

Die Präsidentin Sri Lankas hat mit der Verhängung des Ausnahme-Zustands und der Entlassung dreier Minister ihre politischen Gegner überrascht. Aber auch das Ausland horcht auf.

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Alles unter Kontrolle?<br>Sri Lankas Präsidentin KumaratungaBild: AP

Sri Lankas Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe ist mit dem Versprechen ins Amt gekommen, den Bürgerkrieg zwischen der singhalesischen Mehrheit und den tamilischen Separatisten auf der Insel zu beenden. Unter norwegischer Vermittlung wurde ein Waffenstillstand vereinbart. Die anschließenden Gespräche über Sri Lankas Zukunft gerieten zwar immer wieder ins Stocken. Doch seit Ende Oktober 2003 schien wieder Bewegung in die Lage zu kommen: Zum ersten Mal legten die Tamilen-Tiger (LTTE) ihre Vision der Zukunft von Sri Lanka vor. Wenige Tage später nutzt die Präsidentin eine Auslandsreise des Ministerpräsidenten für ihren Überraschungs-Coup.

Ende der "Kohabitation"

In Sri Lanka gibt es eine sogenannte "Kohabitation": Die um Frieden bemühte Regierung muss mit einer Präsidentin zusammenarbeiten, die der Opposition angehört. Und Präsidentin Chandrika Kumaratunga hat von Anfang an klar gemacht, dass sie die Aussöhnung mit den Tamilen skeptisch beurteilt. Das sieht auch Christian Wagner, Südasien-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, so. "Die Partei der Präsidentin, die Sri Lanka Freedom Party, hat in den letzten Tagen deutlich ihre Kritik an den Vorschlägen der Tamilen zur Geltung gebracht", sagt er. "Ich vermute, es ist auch ein Stück weit eine Reaktion auf die Kritik aus den Reihen ihrer eigenen Partei, die sie nun zu diesem Schritt veranlasst hat.“

Die Vorschläge der Tamilen werden von den meisten Beobachtern dahingehend interpretiert, dass die Tamilen-Tiger immer noch nicht mit einer föderalen Lösung zufrieden sind, dass ihnen mehr Autonomie für die mehrheitlich tamilischen Gebiete innerhalb Sri Lankas noch nicht reicht. "Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass sie Sri Lanka spalten wollen und einen eigenen Tamilen-Staat anstreben", meint J.N. Dixit, einer der erfahrensten indischen Außenpolitiker. "Das hat die Präsidentin so beunruhigt, dass sie diese drastischen Schritte eingeleitet hat.“

Frieden in Gefahr

Das Verhalten der Präsidentin könnte nach Ansicht von J.N. Dixit den Friedensprozess in Sri Lanka gefährden. "Unter dem Ausnahmezustand sind die politischen und administrativen Befugnisse der Präsidentin deutlich gestärkt", erläutert J.N. Dixit. "Der Premierminister muss sich im Prinzip nach ihr richten. Die drei Minister, die sie entlassen hat, waren diejenigen, die in Verhandlungen mit der LTTE aktiv waren." Dann kamen die Probleme. "Sie war mit der Reaktion von Ranil Wickremesinghe auf die Tamilen-Vorschläge, nämlich, dass man über diese Vorschläge nachdenken, sie prüfen werde, nicht einverstanden – und deswegen hat sie diesen Schritt gewählt.“

Dass sich die Tamilen-Tiger in dieser Situation auf weitere Verhandlungen mit der Regierung einlassen werden, hält Hamid Ansari, ebenfalls Spezialist für Sri Lanka im indischen diplomatischen Dienst, für ausgeschlossen: "Die LTTE wird jetzt das Signal bekommen, dass die Regierungs-Seite in zwei Teile gespalten ist. Die Präsidentin sagt das eine, der Premierminister etwas anderes.“

Einfluss aus dem Ausland begrenzt

Die Überwindung dieser Spaltung wäre eine Grundvoraussetzung, um den Friedensprozess überhaupt wieder in Gang zu bringen. Aber wie soll das geschehen? Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin meint, dass Neuwahlen die beste Lösung wären. "Dann wäre auch deutlich, ob es im Süden, im Bereich der singhalesischen Mehrheit, auch eine weiter gehende Unterstützung für den Friedensprozess gibt, also eine Mehrheit für die Partei des jetzigen Premierministers – oder für die Präsidentin.“

Zumindest hinter den Kulissen wird sich wohl auch das Ausland um eine Lösung der verfahrenen Lage bemühen. Allzu groß dürften die Einfluss-Möglichkeiten aber nicht sein, meint Christian Wagner. Es gebe sicherlich Möglichkeiten, über die Zusage - oder eben auch die Verweigerung - von Entwicklungshilfeleistungen einen gewissen Druck auf die Regierung auszuüben. Schwieriger werde es dagegen auf Seiten der Tamilen. Wer auf sie erfolgreich Druck ausüben könnte, das wisse niemand so recht.