Alarmstufe gelb
15. April 2008Fast 500 Millionen Dollar (320 Millionen Euro) Hilfe fordert Weltbank-Präsident Robert Zoellick von den Regierungen in aller Welt für das UN-Ernährungsprogramm (WFP) bis zum 1. Mai. Zoellick hatte bereits am Sonntag (13.4.2008) auf die Folgen der global steigenden Lebensmittelpreise hingewiesen und Unterstützung für die Sicherung der Lebensmittelversorgung in den armen Regionen gefordert. Rasch und entschlossen müssten nun internationale Maßnahmen eingeleitet werden. Der Sturz der Regierung in Haiti, nach Protesten gegen gestiegene Lebensmittelpreise habe gezeigt, wie ernst die derzeitige Lage in den Entwicklungsländern sei.
Die Verdopplung der Lebensmittelpreise in den vergangenen drei Jahren könnte nach Schätzung der Weltbank 100 Millionen Menschen in armen Ländern noch tiefer in die Armut stürzen. Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Jochen Spengler, warnte im Deutschlandfunk davor, dass immer mehr Menschen an den Folgen von Hunger sterben werden. Gerade in Entwicklungsländern gäben Arme bis zu 80 Prozent ihres Familieneinkommens für Nahrungsmittel aus. Selbst kleinste Preiserhöhungen könnten Existenzen in Frage stellen.
Soforthilfe angekündigt
US-Präsident Bush kündigte als Erster 200 Millionen Dollar Soforthilfe an. Er wies Landwirtschaftsminister Ed Schafer an, die zusätzlichen Millionen aus einem Sonderfonds des Ministeriums für Lebensmittelreserven zu entnehmen.
Auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück sagte Hilfen zu. Steinbrück versicherte, Deutschland werde sich "einem solchen Krisenmanagement nicht entziehen". Konkreter formulierte das die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und kündigte eine Erhöhung der Mittel für das Welternährungsprogramm um weitere 10 Millionen Euro bis zum Sommer an. Das Programm wird derzeit mit 23 Millionen Euro aus Deutschland unterstützt, bereits im März wurde der Etat um zusätzliche drei Millionen Euro aufgestockt.
Agrarsubventionen abschaffen
Der Nothilfe für das UN-Welternährungsprogramm müssten aber mittel- und langfristige Maßnahmen folgen, fügte die SPD-Politikerin hinzu. Nicht nur die internationalen Geber, sondern auch die von der Nahrungsmittelknappheit und dem Preisanstieg betroffenen Länder müssten wieder stärker in die Landwirtschaft investieren und ihre Nahrungsmittelproduktion erhöhen.
Außerdem sollte die Krise zum Anlass genommen werden, die Agrarexportsubventionen abzuschaffen. "Sie sind ein Hemmnis und demotivierend für die Bauern in Entwicklungsländern", sagte die Ministerin.
Globale Agrarreform dringend notwendig
Ein langfristiger Ausweg aus der Ernährungskrise ist auch nach Einschätzung des Weltlandwirtschaftsrates (IAASTD) nur durch eine Stärkung der natürlichen Produktion möglich. Die bisherige, mit hohem Einsatz an Kapital und Energie verbundene Taktik des künstlichen Intensivanbau von Monokulturen sei aus Sicht des Weltlandwirtschaftsrates an seine Grenzen gestoßen. Der Rat fordert deswegen den "Erhalt und die Erneuerung der natürlichen Ressourcen und den ökologischen Anbau".
Unter dem Eindruck der Hungerrevolten von Haiti bis Ägypten hält der IAASTD eine globale Agrarreform für dringende notwendig. Das Gremium aus 400 Experten, Regierungs- und Industrievertretern stellte seinen Bericht am Dienstag bei der UNESCO in Paris vor. (fs)