Abstiegsduell der Ex-Trainer
16. Mai 2015Zwei Traditionsvereine stemmen sich gegen den Gang in die 2. Liga: der VfB Stuttgart und der Hamburger SV. Beide stecken in einer der tiefsten Krisen der Vereinsgeschichte, und beide verbindet an diesem vorletzten Spieltag der Fußball-Bundesliga einiges. Zum einen stehen sie sich im direkten Duell in Stuttgart gegenüber, zum anderen haben die Trainer Huub Stevens und Bruno Labbadia den jeweils anderen Verein schon einmal vor dem Gang ins Unterhaus bewahrt.
Bei dem Aufeinandertreffen lastet der größere Druck allerdings auf dem VfB. Das Tabellen-Schlusslicht von Trainer Stevens muss im schlimmsten Fall schon nach dieser Runde den Absturz in Liga zwei fürchten. Bei den von Coach Labbadia wiederbelebten Hamburgern sucht man verständlicherweise vergebens nach Mitgefühl für die Kollegen. "Es wird deswegen besonders, weil es für beide Mannschaften um sehr viel geht", sagte HSV-Hoffnungsträger Labbadia vor seiner emotionalen Rückkehr nach Stuttgart. Der Coach musste im August 2013 beim VfB unfreiwillig gehen, nun will er den HSV retten. "Es wäre mir natürlich lieber, wenn wir in einer anderen Konstellation aufeinandertreffen würden."
Nur nicht die Nerven verlieren
Die Lage ist kritisch: Letzter gegen Vierzehnter - gerade mal zwei Punkte haben die noch nie abgestiegenen Hamburger mehr auf ihrem Konto als die Stuttgarter. "Es geht auf beiden Seiten auch um Existenzen", verdeutlichte VfB-Angreifer Martin Harnik die Brisanz. "Das wird Abstiegskampf pur", ergänzte VfB-Keeper Sven Ulreich und Spielmacher Daniel Didavi sagte: "Auch für Hamburg geht es um alles."
Die Nerven werden mitentscheiden. Die seit fünf Heimspielen ungeschlagenen Stuttgarter sehen darin einen Vorteil. "Wir kennen diesen Nervenkitzel schon seit Wochen. Wir wissen damit umzugehen", versicherte Sportvorstand Robin Dutt. "Wir haben die Situation schon lange angenommen. Der Abstiegskampf belastet uns nicht im Hinblick auf unsere Leistung", meinte Harnik vor dem 100. Bundesliga-Aufeinandertreffen beider Teams. Stevens forderte seine Mannschaft zur Besonnenheit auf. Auf die Frage, was gegen den HSV wichtig sei, antwortete der Niederländer: "Ruhe zu behalten und ein Tor mehr als der Gegner zu schießen."
Gemeinsame Vergangenheit
So wie Labbadia eine gemeinsame Vergangenheit mit dem VfB verbindet, hat auch Stevens seine Erfahrungen mit dem HSV gemacht. 2007 rettete er das Bundesliga-Gründungsmitglied vor dem Absturz und führte das Team innerhalb von 15 Spielen vom letzten Platz über den UI-Cup in den UEFA-Pokal. Ein Jahr später gelang in seinem letzten Spiel als HSV-Coach ein 7:0 über den Karlsruher SC, der zweithöchste HSV-Sieg in der Liga brachte erneut einen internationalen Startplatz. Sentimentalitäten sind Stevens egal. Punkte zählen, das Überleben in der deutschen Eliteklasse ist das einzige Ziel. "Es geht um uns. Wir sind gefragt", betonte Stevens.
Dass beim VfB ein Mann auf der Bank sitzt, der ebenfalls schon einmal erfolgreich für den HSV tätig war, ist für Labbadia eine Randnotiz. "Ich schätzte Huub Stevens sehr. Es gibt aber kein Duell der Trainer. Die Situation ist schon brisant genug", sagte der HSV-Coach. Auch er kann auf Erinnerungen an alte Zeiten keine Rücksicht nehmen. Denn mit einem Sieg könnte er im günstigsten Fall seine Rettungsmission schon in der alten Heimat krönen.
Endspurt auf sieben weiteren Plätzen
Gegen den Abstieg geht es auch für den SC Paderborn beim durch Spielersuspendierungen auf sich aufmerksam machenden Schalke 04, für Hannover 96 beim FC Augsburg und für den SC Freiburg gegen Meister Bayern München. Auch Hertha BSC ist rechnerisch noch nicht gerettet, die Berliner erwarten die Frankfurter Eintracht.
Im Kampf um den Einzug in die Europa League will Borussia Dortmund beim VfL Wolfsburg punkten. Außerdem ist es die Generalprobe für das DFB-Pokalfinale der beiden Teams am 30. Mai. Zwischen Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen geht das Fernduell um Platz drei, also um die direkte Champions-League-Qualifikation, weiter: Während die Fohlen bei Werder Bremen antreten müssen, empfängt die Werkself das Team von 1899 Hoffenheim. Und in der Partie zwischen Mainz 05 und dem 1. FC Köln geht es, außer um die berühmte "goldene Ananas", um nichts mehr.
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