Afghanistan: Kein Taxi mehr für Frauen ohne Burka
28. Juli 2023Fereydun, ein Rikscha-Fahrer aus der westafghanischen Stadt Herat, transportiert keine Frauen mehr. Er erzählt der DW, dass er von den Taliban verprügelt und seine Rikscha beschlagnahmt werden würde, wenn er Frauen ohne Ganzkörper-Verhüllung befördert. Er musste sogar miterleben, wie Frauen gedemütigt werden. Die Taliban haben sein Fahrzeug bereits mehrfach gestoppt und Frauen, die keine Burka trugen, aus dem Fahrzeug gezogen, um sie zu beschimpfen und anzuschreien. Auch Fereydun selbst wurde schon bestraft.
Knapp zwei Jahre nach der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban leisten die Frauen in Afghanistan immer noch Widerstand gegen die Anordnungen der Islamisten. Zum Beispiel weigern sich viele von ihnen, Burka zu tragen und gehen mit unbedecktem Gesicht auf die Straße. Vor einem Jahr hatte Taliban-Chef Hibatullah Achundsada den Frauen das Tragen einer Gesichtsbedeckung in der Öffentlichkeit vorgeschrieben. Sie sollten sich vollständig verdecken, "da dies traditionell und respektvoll ist", erklärte Achundsada im Mai 2022 in einem Erlass.
Frauenrechte immer weiter eingeschränkt
Bei ihrer Machtübernahme im August 2021 versprachen die Taliban die Wahrung der Frauenrechte. Mittlerweile sind Frauen jedoch aus einem Großteil der Berufe verdrängt. Universitäten und höhere Schulen dürfen sie nicht mehr besuchen. Zuletzt wurden sogar Schönheitssalons verboten. Jetzt wird der Druck auf Frauen erhöht, die es noch wagen, ihr Gesicht zu zeigen.
Augenzeugen aus Afghanistan berichten, dass das Taliban-Ministerium "für Gutes und Verbote" überall in den Großstädten ihre Moral-Polizei stationiert habe. Das Ministerium hat unter anderem angeordnet, dass Fahrer von Taxis, Rikschas und anderen Personenkraftwagen Frauen ohne "Hijab" innerhalb der Städte nicht mehr transportieren dürfen. Akif Mohajer, ein Vertreter des "Ministeriums für Gutes und Verbote", erklärte den Medien: "Wenn Frauen reisen, müssen sie von einem (sehr nahen Verwandten oder Ehe-) Mann (Anm. d. Red.) begleitet werden. Wenn sie innerhalb der Stadt unterwegs sind, darf kein Mann neben ihnen sitzen, und sie müssen einen vollständigen Hijab tragen. Es spielt keine Rolle, ob sie einen Tschador tragen oder nicht, ihr Hijab muss vollständig islamisch sein."
Ziel: Frauen sollen aus Öffentlichkeit verdrängt werden
Was genau als "vollständiger islamischer Hijab" gilt, ist wohl nicht klar definiert. Aus Sicht der Taliban scheint dabei auch die Verhüllung des Gesichts verpflichtend zu sein.
Dina, eine Frau aus Herat, berichtet, dass sie mehrmals aus der Rikscha geholt und beschimpft wurde, weil sie statt einer Ganzkörper-Verhüllung einen langen Mantel und ein Kopftuch trug. Das bestätigt auch Mirza, ein Taxifahrer aus Kabul, der im Gespräch mit der DW sagte, dass die Taliban ihm mehrmals gesagt hätten, dass Frauen ohne Schleier oder Burka nicht in Taxis fahren dürfen, sonst werde er bestraft und sein Taxi beschlagnahmt.
Das Ziel solcher Maßnahmen sei vor allem, Frauen aus der Öffentlichkeit zu verdrängen, beklagt Maryam Marof Arwin, die Gründerin einer Wohlfahrtsorganisation für Frauen und Kinder in Afghanistan. "Mit den jüngsten Beschränkungen haben die Taliban gezeigt, dass sie die Politik ihrer ersten Herrschaftsperiode umsetzen - mit dem Unterschied, dass sie nun systematisch und gezielt Frauen aus der Gesellschaft eliminieren."
Taliban agierten schon immer gegen Frauen
Während der ersten Herrschaft der Taliban von 1996 bis 2001 waren sie für die entwürdigende Behandlung von Frauen bekannt. Damals waren Frauen gezwungen, in der Öffentlichkeit die Burka zu tragen, durften ohne männliche Begleitung nicht das Haus verlassen und keinen männlichen Arzt aufsuchen. Das führte dazu, dass viele Krankheiten unbehandelt blieben. Experten warnen, dass die Taliban jetzt versuchen, die Zeit zurückzudrehen, ohne über die Folgen nachzudenken.
Viele Frauen in Afghanistan fordern, die Welt dürfe nicht tatenlos zusehen, wie die Taliban die Frauenrechte immer mehr einschränken. Sie bräuchten die Unterstützung und Solidarität der Weltgemeinschaft. Auch Dina aus Herat fordert dies.