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Asylregeln in Europa

Andreas Noll14. Juli 2004

Das Leben der schiffbrüchigen Flüchtlinge vor Sizilien ist gerettet. Nun können sie das formale Verfahren zur Anerkennung von Asyl beginnen. Welche Regeln gelten dafür in Europa? Ein Überblick.

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Flüchtlinge auf der "Cap Anamur"Bild: AP

Mit welchem Aufwand die Europäische Union (EU) versucht, Flüchtlinge aus aller Welt fernzuhalten, konnte die Mannschaft des "Cap Anamur" hautnah erleben. Ein massives Polizei- und Militäraufgebot begleitete das Schiff der Hilfsorganisation mit demselben Namen durch italienische Hoheitsgewässer: an Bord 37 schiffbrüchige Flüchtlinge. Dabei hält es Italien nicht anders als andere EU-Staaten: Jedes Land ist bestrebt, seine Grenzen für illegale Einwanderer undurchlässig zu machen. Auf europäischer Ebene hat man sich erst im Frühjahr 2004 auf einen einheitlichen Umgang mit Asylbewerbern geeinigt.

Mindeststandards sind gefragt

Nach jahrelangem Streit einigten sich die EU-Innenminister im April 2004 auf gemeinsame Asylregelungen. Die beschlossene Richtlinie legt bei allen Asylverfahren in Europa Kriterien für die Herkunfts- beziehungsweise die Transit-Länder fest: Kommt ein Flüchtling aus einem Staat, der Mindeststandards in Fragen von Menschenrechten erfüllt, kann man ihn schon bei der Einreise ohne nähere Prüfung zurückschicken. Als so genannter sicherer Drittstaat gilt zum Beispiel ein Land, dass die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat und sie in der Praxis anwendet. Außerdem muss es dort ein gesetzlich geregeltes Asylverfahren geben, und die europäische Menschenrechtskonvention muss befolgt werden.

Kommt ein Flüchtling aus einem Land, das diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann er trotzdem dorthin zurückgeschickt werden. Das passiert, wenn europäische Behörden dennoch von der sicheren Lage für den Flüchtling dort überzeugt sind. Ein Verfahren, das besonders Menschenrechtsorganisationen kritisieren. Sie sehen die Gefahr, dass diese Länder den Flüchtlingen kein Asyl gewähren, sondern sie einfach in ihr Herkunftsland abschieben.

Persönlicher Antrag in Deutschland nötig

Trotz aller europäischen Regelungen ist der Großteil der Asylpolitik immer noch national bestimmt: Jedes EU-Land führt eigene Listen der sicheren Drittstaaten - und das wird auch in Zukunft so sein. Auch die in Deutschland übliche Praxis, Asylbwerber nach dem ersten abgelehnten Antrag sofort zurückzuschicken, bleibt bestehen. Eine andere deutsche Besonderheit wird durch die Neuregelung ebenfalls nicht angetastet: In Deutschland muss ein Flüchtling seinen Asylantrag persönlich bei einer der über 20 Dienststellen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge stellen.

Europaweit einheitlich geregelt ist dagegen, welches Land für die Asylverfahren zuständig ist. Seit den Beschlüssen von Dublin aus dem Jahre 1997 gilt der Grundsatz: Jeder Asylbewerber muss seinen Antrag in dem EU-Land stellen, dessen Territorium er zuerst betritt. Wer zum Beispiel über Italien in die EU kommt, aber erst in Deutschland einen Asylantrag stellt, wird gleich nach Italien zurückgeschickt.

Kein Asyl auf hoher See

Für die Flüchtlinge der Cap-Anamur bedeutet dies, dass die italienischen Behörden zuständig sind. Sie müssen entscheiden, ob die 37 Afrikaner in Europa bleiben dürfen oder nicht. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Flüchtlinge von einem deutschen Schiff gerettet wurden und so - rein juristisch gesehen - zuerst ein Stück deutsches Territorium betreten haben. Denn auf hoher See kann man nach deutschem Recht keinen Antrag auf Asyl stellen.