Atomwaffen weltweit
6. August 2007Der Club der fünf offiziellen Atommächte - USA, Sowjetunion, China, Großbritannien und Frankreich - beschloss im Jahr 1968 ein Nichtverbreitungs-Abkommen für Atomwaffen (NPT): den Atomwaffensperrvertrag. In diesem verpflichteten sich die Länder, anderen Staaten Material und Technologie zur Entwicklung und dem Bau von Atomwaffen vorzuenthalten. Seit 1970 sind 188 Staaten dem Abkommen beigetreten, die meisten von ihnen haben es ratifiziert.
Um zu überwachen, dass die Staaten den Vertrag auch einhielten, wurde die 1957 gegründete UN-Atomenergiebehörde (IAEA) eingeschaltet. Für effektive Kontrollen wurde 1997 ein Zusatz-Protokoll verabschiedet, das spontane und unangemeldete Kontrollen zulässt. Immerhin 80 Staaten haben dieses Zusatz-Protokoll unterzeichnet, unter ihnen auch - Ende 2003 - der Iran, der schon lange zu den Unterzeichnern des NPT gehört.
USA unterstellte Irak Atomwaffen
Ein gut gemeintes und sicher auch vernünftiges Konzept zur Eindämmung der Gefahr von Atomwaffen. Wirklich aus der Welt geräumt hat es die Gefahr allerdings nicht, denn neben den offiziellen gibt es auch inoffizielle und vermutete Atommächte. Solche, die sich um Atomwaffen bemühen und wieder solche, denen man dies unterstellt.
Unterstellt wurden solche Motive dem Irak unter Saddam Hussein, der die ersten Schritte auf atomarem Gebiet ironischerweise mit französischer Hilfe machte. Allerdings zerstörte Israel Saddam Husseins Atomreaktor kurz vor der Inbetriebnahme im Jahr 1981. Angebliche spätere Bemühungen des Irak um Atomwaffen wurden diesem zwar von den USA unterstellt - und als Rechtfertigung für den Irak-Krieg benutzt - sie konnten aber nie bewiesen werden.
Israel verheimlichte seine Atomwaffen
Ein anderer Fall ist Israel: Ebenfalls mit französischer Hilfe hatte man dort bereits in den fünfziger Jahren begonnen, in Dimona den ersten Atom-Reaktor zu bauen. Israel hielt die Welt und auch die US-amerikanischen Verbündeten jahrelang zum Narren und verheimlichte, dass es auch Atombomben entwickelte. Die USA begnügten sich mit unzulänglichen Kontrollen Dimonas und später damit, dass Israel offiziell dementierte, was inoffiziell längst feststand: Dass es über Dutzende nuklearer Sprengkörper verfügt und Atomtests in Zusammenarbeit mit dem Apartheid-Regime Südafrikas durchgeführt hat.
Israel ist dem NPT nie beigetreten, lässt aber begrenzte Kontrollen anderer Atomanlagen durch die IAEA zu. Am Sitz der IAEA bezeichnet man Israel als einen Sonderfall, weil es offenbar bereits vor Gründung der Atomenergiebehörde und vor Verabschiedung des NPT über Atomwaffen verfügte.
Indien und Pakistan wurden Atom-Mächte
Anders gelagert ist der Fall von Indien und Pakistan: Beide Staaten stiegen zu Atommächten auf, nachdem Indien im Mai 1974 seine erste Atombombe gezündet hatte. Pakistan folgte im Jahr 1998 mit seiner "islamischen Bombe", um mit Indien im Konflikt um Kaschmir gleichzuziehen. Durch die unkontrollierte Präsenz von Atomwaffen in der Region wurde diese jahrelang zu dem wohl gefährlichsten Konfliktherd der Welt.
Nordkorea hat den NPT 1985 zwar ratifiziert, aber trotzdem an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet. Die Grundlagen dazu erhielt es von Pakistan, das sein Wissen auch an Libyen und den Iran weiter vermittelte. Tiefes Misstrauen auf chinesischer und amerikanischer Seite verschärften die Kontrollen, Washington bewies, dass Nordkorea Uran angereichert hat und Präsident Bush schloss das Land in die "Achse des Bösen" ein.
Pjöngjang brach die Verhandlungen ab, ließ keine Kontrollen der IAEA mehr zu, trat aus dem NPT aus und erklärte schließlich 2003, dass es bereits über die Atombombe verfüge. Erst 2007 gelang es nach langen und zähen Verhandlungen, Nordkorea dazu zu bewegen seine atomaren Aktivitäten einzustellen. Ob das Land die Bombe tatsächlich hatte, blieb bisher unklar. Die Behauptung könnte es aber vor einem amerikanischen Angriff bewahrt haben.
Der Atomstreit mit dem Iran dauert an
Ein Argument, das im Iran Anhänger gefunden haben dürfte: Nach ersten Hinweisen auf iranische Anreicherungsbestrebungen löste Washington eine Kampagne gegen ein angebliches iranisches Atomwaffen-Programm aus und immer wieder wurde auch mit einem US-Angriff gegen den Iran gerechnet. Im Gegensatz zu Pakistan erklärte Teheran die Atombombe aber als "unislamisch" und beteuerte, Atomforschung nur zu friedlichen Zwecken zu betreiben. Der Iran hielt sich zunächst an die Auflagen der IAEA und ließ Kontrollen zu, auf europäisches Drängen unterzeichnete er auch das Zusatzprotokoll, setzte es dann aber wegen des internationalen Druckes nicht um. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängte begrenzte Sanktionen, nachdem Teheran die erfolgreiche Anreicherung offiziell bekannt gegeben hatte. Der Atomstreit mit dem Iran dauert an und es ist ungewiss, ob und wie er gelöst werden kann.
Schreckgespenst Atomterrorismus
Kaum anzunehmen ist jedoch, dass der Iran den Weg Libyens beschreiten könnte: Nachdem die USA dem nordafrikanischen Staat ebenfalls atomare Waffenpläne unterstellten, verzichtete dieser ganz offiziell auf alle diese Projekte, übergab den USA bereits importiertes Material und verbesserte damit seine Beziehungen zu Washington und der EU. So sehr, dass der französische Präsident Sarkozy Libyen jetzt sogar die Errichtung eines Atom-Reaktors zusagte.
Andere Staaten hatten zumindest vorübergehend nukleare Ambitionen, unter ihnen Ägypten, Südafrika, Japan und Brasilien. Sie alle haben solche Pläne aber aufgegeben. Was nicht bedeutet, dass bei dieser oder jener Krise plötzlich in einem anderen Land nuklearer Appetit erwacht. Entsprechende Technologie ist auf dem Weltmarkt leicht erhältlich. Nicht nur aus Pakistan, sondern vermutlich auch aus dem Bereich der ehemaligen Sowjetunion.
Und nicht nur Staaten könnten - so wird immer wieder gemutmaßt - an Atomtechnologie interessiert sein. Sondern auch Terrororganisationen, so sehr das Bild vom Atomterroristen bisher doch wohl noch eher ein Schreckgespenst ist.