Auf den Spuren der Fohlenelf
5. November 2014Was Hennes Weisweiler zwischen 1964 und 1975 mit der Borussia aus Mönchengladbach veranstaltete, kennen die Jüngsten der Borussenfans nur noch aus den Geschichtsbüchern. Der Meistertrainer, der mit dem rheinischen Verein 1975 den UEFA-Cup gewann und sich regelmäßig mit dem FC Bayern München um die deutsche Meisterschaft stritt, gilt nicht nur rund um den altehrwürdigen Bökelberg, wo die Borussia einst ihre Spiele austrug, als Ikone. Aus seiner Ära stammt der Begriff der "Fohlenelf" - die erfolgreichste Gladbacher Mannschaft der Vereinsgeschichte.
Auf bestem Wege, die Erfolgsbilder aus alten Zeiten wieder aufleben zu lassen, ist das aktuelle Team der Borussia. Unter dem besonnenen Schweizer Trainer Lucien Favre schickt sich der Verein an, wieder zu einer Größe im deutschen Fußball zu werden und auch international auf sich aufmerksam zu machen. Favre, der am vergangenen Spieltag nach dem Sieg im Spitzenspiel gegen die TSG Hoffenheim frenetisch von den Fans gefeiert wurde, stellt sein Licht dabei sehr gern unter den Scheffel. Doch die von Tausenden Kehlen geschmetterte Geburtstagshymne ließ den 57-Jährigen nicht kalt - gerührt und ein bisschen stolz genoss er den Erfolg.
Vom Abstiegskandidaten zum Bayern-Jäger
Favre entwickelt sich immer mehr zum Glücksfall für den Verein, der sich noch vor drei Jahren in höchster Abstiegsnot befand. Favre führte die Gladbacher daraufhin seit Februar 2011 von der Relegation bis zweimal in den Europapokal. Mittlerweile ist der Verein so stabil aufgestellt, dass er in der Liga neben dem VfL Wolfsburg als Bayern-Jäger gehandelt wird. Und nun bröckelt sogar ein Uralt-Rekord aus Weisweilers Zeiten: In der Saison 1970/71 war die Borussia in 17 Pflichtspielen nacheinander ungeschlagen - dieser Rekord ist seit dem 3:1-Erfolg über Hoffenheim eingestellt und könnte in der Europa League bei Apollon Limassol (06.11.2014, 19 Uhr MEZ) sogar gebrochen werden.
Ein großes Thema will Favre daraus allerdings nicht machen: "Rekorde bedeuten mir nicht so viel. Aber für die Borussia ist es natürlich gut. Wir wollen die Serie nun fortsetzen und auch das Spiel in der Europa League in Limassol gewinnen." Zudem ist der Respekt vor Legende Weisweiler, den der ehemalige Schweizer Nationalspieler in den 80er Jahren persönlich kennenlernte, sehr groß: "Er war ein Top-Trainer mit viel Charisma, ein Gentleman. Ich hatte einen guten Kontakt, als ich ihn zwei, drei Mal getroffen habe", erinnert sich Favre. Als er noch Spieler bei Servette Genf war, trainierte Weisweiler Grasshopper Zürich und nominierte den aktuellen Gladbacher Coach als Spieler des Jahres.
Gelassener Taktiker
Favre, der einst unter Johan Cruyff beim FC Barcelona hospitiert hatte, hat der Gladbacher Mannschaft seinen Stempel aufgedrückt: Der attraktive Kombinationsfußball begeistert die Anhänger des Vereins. Das Flügelspiel ist berauschend schnell, Gegner wie zuletzt Hoffenheim werden teilweise blitzartig ausgekontert und selbst die in dieser Saison bärenstarken Bayern wurden in Zaum gehalten. Selbst die kritischsten Fans verstummen langsam und vertrauen dem Geschick des Trainers, der trotz regelmäßiger Rotation im Moment vieles richtig zu machen scheint und sich schon außergewöhnlich lange auf dem Gladbacher Trainerstuhl hält. Allerdings wirkte Weisweiler damals ganze elf Jahre bei der Borussia - bis dahin ist es tatsächlich noch eine lange Zeit.
Favre interessieren solche Zahlenspiele wenig. Er bereitet sich lieber auf das nächste Spiel vor. Das führt seine Mannschaft in der Europa League erneut nach Zypern. Die Borussia liegt in ihrer Gruppe A nach drei Spielen mit fünf Punkten auf Rang zwei hinter dem FC Villareal (7 Punkte). Limassol ist mit drei Zählern Dritter, der FC Zürich mit nur einem Punkt Letzer. Mit einem Auswärtssieg stünden die Chancen auf das Erreichen der Zwischenrunde ziemlich gut. Dabei muss die Borussia wegen muskulärer Probleme ohne ihren Stürmer Max Kruse auskommen. Nach dem 5:0 im ersten Duell mit Limassol gilt Mönchengladbach als haushoher Favorit.
Wolfsburg will Siegesserie ausbauen
Auch der zweite große Bayern-Jäger ist in der Europa League gefragt: Der VfL Wolfsburg empfängt mit dem Selbstvertrauen aus fünf Pflichtspielsiegen in Folge den russischen Vertreter FK Krasnodar (6.11.2014, 21:05 Uhr MEZ). Das erste Aufeinandertreffen in Russland hatte die Hecking-Elf mit 4:2 für sich entschieden. Nun will das Team von Dieter Hecking den ersten Heimsieg in dieser Europapokal-Saison holen. Die Wolfsburger Gruppe H ist nach drei Spieltagen völlig offen: Der VfL belegt mit vier Punkten Rang zwei hinter dem FC Everton (5 Punkte). Der OSC Lille ist mit drei Punkten Dritter, Krasnodar mit zwei Punkten Letzter. Die letzte vergleichbare Siegesserie gab es für die Wolfsburger übrigens in der Saison 2008/09 - am Ende der Saison wurde der VfL deutscher Meister.
Alle Europa-League-Partien mit deutscher Beteiligung können Sie bei der Deutschen Welle live mitverfolgen. Mit unserem Liveticker sind wir immer am Ball. Wir starten am Donnerstag um 18:45 Uhr MEZ mit der Partie von Borussia Mönchengladbach bei Apollon Limassol.