Baerbocks Mission in Mali und Niger
14. April 2022Landung im Militärflugzeug am Rande der Sahara in Mali. Ein gefährlicher Ort. Bundeswehr-Soldaten überprüfen die Umgebung. Erst dann öffnen sie die Türen für die deutsche Außenministerin und ihre Delegation. Annalena Baerbocks Reise kommt zu einer Zeit, in der Deutschland sich entscheiden muss. Im Mai wird der Bundestag abstimmen: Soll Deutschland seine Militärpräsenz in der von Klimawandel, Hunger und Terrorismus geplagten Region beibehalten? Oder sollen die Soldaten nach vielen Jahren und wenig Fortschritt jetzt abziehen?
Klares Bekenntnis zu MINUSMA
Frankreich hat sich entschieden, seine Truppen abzuziehen - ein großer Schritt für die ehemalige Kolonialmacht. Die EU hat die Trainingsmission für die malische Armee beendet. Der Grund: General Assimi Goïta, Chef der Militärjunta, die Mali nach zwei Coups in zwei Jahren fest in den Händen hat. Dem Regime wird vorgeworfen, kein Interesse an der Rückkehr zur Demokratie zu haben. Und Goïta vertieft die Verbindungen zu Russland - was im Westen angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine mit großer Sorge beobachtet wird.
Eine schwierige Ausgangssituation also für die Außenministerin, die als erstes Camp Castor, der deutschen Militärbasis in der Region Gao, einen Besuch abstattet. Von hier starten Aufklärungsflüge als Teil der UN-Mission MINUSMA, die für Stabilität in Mali sorgen soll.
Im Gespräch mit der Truppe macht Baerbock klar: Sie hält an der Mission der Vereinten Nationen fest. Deutschland müsse nach dem Abzug der Partner sogar gegebenenfalls mehr Aufgaben übernehmen. Es gebe, so die grüne Außenministerin, nun eine "besondere Verantwortung für unser Land, für die vielen anderen Länder, die in dieser Mission drin sind, gemeinsam zu überlegen, wie wir diese wichtige Stabilisierungsmission in Zukunft so fortführen können".
Mali verteidigt Kooperation mit Russland
Wie aber umgehen mit der Junta in Mali und ihren militärischen Verbindungen zu Russland? Baerbock richtet beim zweistündigen Treffen mit den Anführern im Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bamako einen deutlichen Appell an ihre Gesprächspartner. Es sei wichtig, "auch zum Schutz der Zivilbevölkerung in Mali", so die Außenministerin in der anschließenden Pressekonferenz, "dass es keine Zusammenarbeit mit russischen Akteuren hier vor Ort gibt". Sie befürchte "massive Kriegsverbrechen" in der Ukraine gegen die Zivilbevölkerung.
Doch auch der malische Außenminister findet klare Worte: "Wir hoffen, dass Malis Partner Malis Entscheidungen respektieren werden", so Abdoulaye Diop. "Mali trifft seine Entscheidungen nach seinen eigenen Bedürfnissen." Deutschland mache das ja auch so. Mali vereinbare seine Verträge mit dem russischen Staat - also eben nicht mit den in Mali agierenden Söldnern der russischen Wagner-Truppe.
Nach zwei Tagen in Mali dann der für die Außenministerin vermeintlich leichtere Teil der Reise - im Nachbarland Niger. Bald nach der Ankunft in der Hauptstadt Niamey begibt sich die Chefdiplomatin zur Universität, wo sie mit Studierenden und Dozenten über Lebensmittelsicherheit und den Klimawandel diskutiert. Von Deutschland erhoffen sich die angehenden Akademiker und Akademikerinnen unter anderem mehr Unterstützung bei Technologie für den Agrarsektor und bei dem Aufbau erneuerbarer Energien, wo Niger ein enormes ungehobenes Potenzial habe.
Die Folgen des Klimawandels und der Abholzung begutachtet Annalena Baerbock dann noch in Ouallam, etwa hundert Kilometer westlich von Niamey. Begleitet auf der Reise wird die Außenministerin unter anderem von ihrer Klimabeauftragten Jennifer Morgan. Hier sehe man, wie immens wichtig der Kampf gegen den Klimawandel auch sei, um Konflikte zu verhindern, so Morgan im DW-Gespräch. Bauern, die Wasser für ihre Felder und Tiere benötigten, "werden in Konflikte geraten, weil einer woanders hinziehen muss, wo sich schon eine andere Gruppe befindet". Außerdem seien durch die Folgen des Klimawandels Vertriebene besonders vulnerabel. "Es gibt Belege, dass Terrorgruppen dann diese vulnerablen Bevölkerungsgruppen rekrutieren."
In ihrer abschließenden Pressekonferenz in Ouallam rief Baerbock dazu auf, dass die Industriestaaten gemeinsam gegen die drohende Hungerkrise in Afrika kämpfen. "Wir sehen und wir hören euch und wir haben eine Verantwortung dafür, dass dieser Hurrikan von Krisen irgendwie in den Griff bekommen wird hier vor Ort", so die deutsche Außenministerin. "Auch wenn mitten in Europa ein Krieg tobt, sehen wir, dass hier unterschiedliche Krisen aufeinander schlagen."
Mit Zulieferungen aus Bamako und Niamey von Richard Walker und dpa.