Nahost-Diplomatie läuft ins Leere
23. Juli 2014Seit Beginn der israelischen Militäroffensive gegen die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen wurden mehr als 600 Palästinenser getötet. Die große Mehrheit der Todesopfer und der mehr als 3600 Verletzen sind nach Angaben der Vereinten Nationen Zivilisten, unter ihnen viele Kinder. Auch sieben Mitglieder einer deutsch-palästinensischen Familie starben beim Einschlag israelischer Raketen in einem Gebäude in Gaza-Stadt. Nach UN-Angaben wurde am Dienstag im Gazastreifen auch eine Flüchtlingsunterkunft in einer von den UN betriebenen Schule von israelischen Granaten getroffen. Bis zu 200.000 Menschen sollen im abgeriegelten Gazastreifen auf der Flucht vor der Gewalt sein. Und die Kämpfe gehen weiter. Sowohl die politische Führung Israels als auch die Führer der palästinensischen Hamas sehen ihre militärischen Ziele noch nicht erreicht.
EU fordert sofortige Waffenruhe
Die Europäische Union hat die Konfliktparteien im Nahen Osten zur Zurückhaltung aufgerufen. Beide Seiten müssten umgehend die Waffen niederlegen, hieß es nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Israel habe zwar das Recht, sich gegen Angriffe aus dem Gazastreifen zu verteidigen, müsse bei seiner Militäroffensive aber die Verhältnismäßigkeit wahren und sich an internationales Recht halten. Die EU-Außenminister verurteilten sowohl die Raketenangriffe der Hamas auf Israel als auch den Tod hunderter palästinensischer Zivilisten.
Vermittlungsversuche von Kairo aus
US-Außenminister John Kerry hält sich weiter in Kairo zu Vermittlungsgesprächen über eine Waffenruhe auf. Auch Ägypten, das schon mehrfach als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis aufgetreten war, drängt auf eine Feuerpause. Kerry legte vor der Presse in Kairo dar, dass der von Ägypten ausgearbeitete Plan einen Rahmen vorgebe für einen Waffenstillstand und auch für weiterreichende Gespräche. Nach einer Waffenruhe müsse in ernsthaften Verhandlungen "über alle Anliegen gesprochen werden, die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute sind", so der US-Chefdiplomat. Er forderte die Hamas auf, auf der Basis des ägyptischen Vorschlags an den Verhandlungstisch zu kommen.
Die Fatah-Organisation des vom Westen unterstützten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas erklärte am Dienstag zwar, Ägypten einen Vorschlag für eine Feuerpause mit einer anschließenden fünftägigen Verhandlungsphase unterbreitet zu haben. Inwiefern die Hamas den Vorschlag mitträgt, war allerdings nicht klar.
Die Hamas hatte Vorschläge Ägyptens abgelehnt und erklärt, sie werde die Feindseligkeiten erst unterbrechen, wenn sie ihre Ziele erreicht habe. Dazu gehören eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens und die Freilassung Gefangener. Umgekehrt hat Israel signalisiert, vor einer Feuerpause erst seine erklärten Ziele erreichen zu wollen: die Zerstörung der militärischen Infrastruktur der Hamas, einschließlich des Raketenarsenals und des Tunnelnetzes zwischen dem Gazastreifen und Israel.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon reiste inzwischen von Kairo weiter nach Israel und appellierte dort an beide Kriegsparteien, das Blutvergießen einzustellen. "Beenden Sie das Kämpfen, beginnen Sie miteinander zu sprechen!", forderte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Tel Aviv. Ban bezeichnete den Raketenbeschuss israelischer Orte durch palästinensische Militante als "schockierend". Er mahnte aber auch: "Militärische Aktionen werden Israels Stabilität nicht stärken."
qu/wl (rtr, dpa, afp)