Weniger Macht für die EU-Kommission?
30. Juli 2015Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) regt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble an, insbesondere die Aufsichtskompetenzen der Europäischen Kommission an eine politisch unabhängige Behörde abzugeben.
Vorbild Bundeskartellamt
Die FAZ beruft sich in ihrem Artikel auf Informationen aus Brüsseler Diplomatenkreisen. Demnach schlägt Schäuble vor, insbesondere die Rechtsaufsicht über den Binnenmarkt und die Wettbewerbsregeln auszulagern. Über sie könnte demnach künftig statt der EU-Kommission eine neu zu schaffende EU-Institution nach dem Vorbild des Bundeskartellamts wachen, soll Schäuble vorgeschlagen haben.
Dem Bericht zufolge will Schäuble erreichen, dass die ursprüngliche Funktion der Europäischen Kommission als sogenannte Hüterin der EU-Verträge institutionell getrennt wird von ihren immer stärker werdenden politischen Aktivitäten. Der Minister habe nach Angaben von Brüsseler Diplomaten auf dem Treffen der EU-Finanzminister vor zwei Wochen in Brüssel eine schnelle Diskussion der EU-Staaten darüber angemahnt. Auch der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem wolle das Thema zu einem Schwerpunkt des niederländischen Vorsitzes über den EU-Rat im ersten Halbjahr 2016 machen, heißt es weiter.
Junckers politische EU-Kommission
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte seit seinem Amtsantritt immer wieder deutlich gemacht, dass er den Anspruch hat, eine "politische EU-Kommission" zu führen und diesen mit vielen Initiativen wie etwa dem von ihm ins Leben gerufene EU-Investitionsfonds "Efsi" bewiesen. Auch in der Griechenland-Krise verhandelte der Kommissionspräsident immer wieder auf politischer Ebene mit der Regierung in Athen.
Steht eine Reform der EU bevor?
Auch die andauernden Kompetenzstreitigkeiten unter den Griechenland-Gläubigern seien laut Brüsseler Diplomaten ein Grund für Schäubles Vorschlag einer neuen "EU-Aufsichtsinstitution" gewesen, schreibt die FAZ. Möglicherweise wolle Schäuble seine Ideen in die Diskussion über eine EU-Reform einbringen, die im Herbst wegen des bevorstehenden Referendums in Großbritannien über einen britischen Austritt aus der EU beginnen könnte.
In einer ersten Stellungnahme zu dem Bericht betonte das Bundesfinanzministerium zwar, von einer geplanten "Entmachtung" der EU-Kommission könne keine Rede sein - so hat die FAZ ihren Artikel betitelt. Zu dessen weiterem Inhalt gab es allerdings kein Dementi aus Berlin.
cw/hf (FAZ, dpa, afp)