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Besuch beim Saulus aus Tripolis

Judith Hartl, zurzeit Libyen15. Oktober 2004

Für die Bundesregierung ist der libysche Diktator Gaddafi wieder salonfähig. Deshalb ist Bundeskanzler Schröder persönlich nach Tripolis gereist. Auch die Hoffnung auf gute Geschäfte lockt die Deutschen.

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Blickt gen Europa: <br>Muammar el GaddafiBild: AP

Vom Saulus zum Paulus - Libyens Präsident Muammar el Gaddafi scheint das gelungen zu sein. Bis vor einigen Jahren galt der mittlerweile 61-Jährige als einer der schlimmsten Schurken dieser Welt, der terroristische Anschläge gegen den Westen unterstützte. Jetzt wird er umworben - als Partner im Öl-Geschäft, in der Sicherheits- und Flüchtlingspolitik. Am Donnerstagabend (14.10.2004) ist Bundeskanzler Gerhard Schröder als erster deutscher Regierungschef für einen zweitägigen Besuch in Tripolis eingetroffen.

Anschlag auf Diskothek "La Belle" in Berlin
Hinter dem Anschlag auf die Diskothek 'La Belle' in Berlin 1986 steckte der libysche GeheimdienstBild: AP

Gaddafis Zugeständnisse an den Westen kamen zuvor Schlag auf Schlag. Er schwörte Massen-Vernichtungswaffen ab, außerdem leistete er Entschädigungszahlungen für alle Anschläge, an denen Libyen beteiligt war. Erst vor kurzem versprach Gaddafi 35 Millionen Dollar für die Opfer des Attentats auf die von hauptsächlich Amerikanern besuchte Berliner Diskothek "La Belle", 1986, bei dem drei Menschen getötet und über 200 verletzt wurden.

Ende eines dunklen Kapitels

Die Bundesregierung begrüßt diese Entscheidung und sieht damit den Weg geebnet für den Ausbau der Beziehungen zwischen Deutschland und Libyen. "Es ist ein guter Schritt und ist ein Abschluss unter ein sehr dunkles Kapitel", sagt Bela Anda, Sprecher der Bundesregierung.

Einen Abschluss unter dieses dunkle Kapitel setzte am Montag (11.10.2004) auch die Europäische Union. Nach den USA hat nun auch sie beschlossen, jegliche Sanktionen, die vor fast 20 Jahren verhängt wurden sowie das Waffen-Embargo gegen Libyen aufzuheben. Das sei zu recht geschehen, meint Außenminister Joschka Fischer. Libyen habe wichtige Zugeständisse geliefert. "Ich denke, man muss da mit der notwendigen Sensibilität vorangehen. Das sind die entscheidenden Punkte", so der Außenminister.

Italien will Libyens Hilfe

Alltag in Libyen Einwanderer
Italien erhofft sich von Libyen Hilfe beim EinwandererproblemBild: AP

Vor allem Italien drängte auf Rehabilitierung. Denn die Interessen - politisch wie wirtschaftlich sind enorm. Libyen hat jede Menge Öl und Gas. Das Wettrennen um Investitionen, Aufträge und Projekte ist eröffnet. Bislang war Deutschland nach Italien wichtigster Handelspartner Libyens, jetzt aber scheinen die USA zum ernsten Konkurrenten zu werden. Und so reist Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht zu früh nach Tripolis. Begleitet wird er von einer starken Wirtschaftsdelegation und erster Termin in Libyen ist die Einweihung einer Bohrstelle und der Besuch von Öl-Feldern.

Ebenso wichtig aber ist Libyen als Partner im Umgang mit Flüchtlingen. Gerade von der libyschen Küste versuchen Flüchtlinge aus vielen Ländern Afrikas nach Europa zu gelangen. Gaddafi hat versprochen, eng mit Europa zusammenarbeiten zu wollen. Mit Italien hat es schon konkrete Absprachen gegeben. Beispielsweise die Zusage, dass Italien ohne weiteres Flüchtlinge nach Libyen zurückschicken darf. Und Innenminister Otto Schily kann sich durchaus ein Auffanglager für Flüchtlinge in Libyen vorstellen. Muammar Gaddafi scheint ein kooperativer Partner für den Westen geworden zu sein. Es gibt aber auch viele, die unter dem Schafspelz noch immer den Wolf vermuten.