Johnson auch in vierter Auswahlrunde vorn
20. Juni 2019Im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May liegt der erklärte Brexit-Befürworter Boris Johnson auch in der vierten und vorletzten Auswahlrunde vorn. Der frühere Außenminister vereinigte 157 Stimmen auf sich. Umweltminister Michael Gove mit 61 Stimmen auf den zweiten Platz, der derzeitige Außenminister, Jeremy Hunt, kommt mit 59 Stimmen auf den dritten Platz. Innenminister Sajid Javid schied aus.
Javid künftig Finanzminister?
Als Sohn eines pakistanischstämmigen Busfahrers verkörpert Javid den Traum vom sozialen Aufstieg in einer weiterhin stark durch Klassendenken geprägten Gesellschaft. Erfahrungen in der Finanzwelt sammelte er in der Managementebene der Deutschen Bank. Er dürfte sich nun Hoffnungen auf ein hohes Amt in der künftigen Regierung machen, etwa auf den Posten des Finanzministers.
Die fünfte und gleichzeitig letzte Runde, bei der dann noch ein weiterer Anwärter ausscheidet, sollte noch im Laufe dieses Donnerstags folgen. Wenn nur noch zwei Kandidaten übrig sind, sollen die rund 160.000 Parteimitglieder per Briefwahl den neuen Vorsitzenden bestimmen. Dieser übernimmt auch den Posten des Regierungschefs. So dürfen die Tory-Mitglieder, die gerade einmal 0,35 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung ausmachen, entscheiden, wer künftig die Regierungsgeschäfte führt und somit auch den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU gestaltet. Johnson hatte beim Brexit zuletzt eine harte Haltung gegenüber der Europäischen Union (EU) angekündigt.
Kaum Unterschiede bei den Brexit-Positionen
Die letzten verbliebenen Kandidaten unterscheiden sich in ihrer Brexit-Position kaum. Sie wollen jeweils nachverhandeln und halten einen ungeordneten Austritt ohne Vertrag, den "No Deal", für vertretbar. US-Präsident Donald Trump, der sich von einem "No Deal" wirtschaftliche Vorteile für die USA verspricht, favorisiert offen Johnson. Ausgerechnet Johnson, der zu den schärfsten Kritikern von Mays Brexit-Kurs zählte, ließ bei einer TV-Debatte in der BBC jedoch Zweifel aufkommen, ob er einen "No Deal" notfalls durchziehen würde. Auf die Frage, ob er einen Austritt zum 31. Oktober garantieren könne, antwortete er ausweichend.
Für die Tories geht es in der Personalentscheidung auch darum, verlorenes Vertrauen der Wählerschaft zurückzugewinnen - bei den Europawahlen im Mai war die Regierungspartei mit neun Prozent nur auf dem fünften Rang gelandet. Dafür gilt Boris Johnson für viele als der richtige Kandidat. Johnson hatte mit einer regelrechten Lügenkampagne vor dem Brexit-Referendum 2016 die knappe Entscheidung zum Austritt erst mit herbeigeführt.
sti/ehl/stu (dpa, afp, rtr)