Bundestag beschließt 200-Milliarden-"Abwehrschirm"
21. Oktober 2022Der Deutsche Bundestag hat den geplanten "Abwehrschirm" der Regierung in der Energiekrise auf den Weg gebracht. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wird somit ein zweites Mal in diesem Jahr aufgehoben. Ein solcher Schritt ist in einer "außergewöhnlichen Notsituation" erlaubt. Für die Vorlagen zum "Abwehrschirm" stimmten die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP. Die Union votierte dagegen, Linke und AfD enthielten sich.
Die nochmalige Aufhebung der Schuldenbremse begründet die Bundesregierung mit den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine auf die Energiepreise. Deren drastischer Anstieg stelle eine erhebliche, teilweise existenzbedrohende Belastung für Bevölkerung und Unternehmen in Deutschland dar, heißt es in dem Beschluss. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte das Bundestagsvotum als "gute Nachricht für alle, die mit Sorge auf ihre Nebenkosten blicken - und für Handwerksbetriebe und Unternehmen". Der Schirm werde helfen, "die viel zu hohen Energiepreise auszubremsen".
Vorgesehen ist, noch in diesem Jahr kreditfinanziert 200 Milliarden Euro in den aus der Corona-Zeit bestehenden Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) einzuzahlen, der dafür neu ausgerichtet wird. Die Mittel können bis Mitte 2024 eingesetzt werden. Finanziert werden sollen damit neben der Gaspreisbremse auch Teile der gleichfalls geplanten Strompreisbremse sowie Hilfen für Unternehmen und die Stabilisierung von Gasimporteuren, die durch die Energiekrise in Schieflage geraten sind.
Heftige Kritik kam von der Unions- und der Linken-Fraktion. Der CDU-Finanzexperte Mathias Middelberg sprach von einer Blanko-Zusage, die die Regierung verlange. "Kein Mensch in diesem Land weiß, was Sie konkret machen", sagte er.
Konzepte fehlen noch
Wie genau die stark gestiegenen Preise für Gas und Strom gedrückt werden sollen, ist noch offen. Beim Gas hat eine von der Regierung eingesetzte Kommission vorgeschlagen, dass der Bund zunächst die Dezember-Rechnungen übernimmt. Ab März könnte dann eine Preisobergrenze für ein Grundkontingent von 80 Prozent des üblichen Verbrauchs greifen. Auch beim Strom ist ein solches vergünstigtes Basiskontingent im Gespräch. Damit will die Bundesregierung sichergehen, dass trotz des günstigeren Preises Energie gespart wird.
se/pg (rtr, dpa, afp, phoenix)