Bushs zivile Eingreiftruppe stößt auf Skepsis
20. Mai 2005Aus zahlreichen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen sollen die Mitglieder eines solchen "stehenden Heeres" der Hilfskräfte kommen. Weltweit will Bush seine Experten rekrutieren, die "innerhalb von Tagen oder Wochen" einsatzbereit sein könnten. Mehr als 124 Millionen US-Dollar lässt sich die Regierung diese neue Initiative kosten, in der "alle freien Nationen der Welt eine wichtige Rolle spielen werden".
Mehr Hilfe für junge Demokratien
Der Vorschlag des Präsidenten ist Teil einer Strategie, mit der die USA die Demokratisierung der Welt vorantreiben wollen. Sein Land müsse jungen Demokratien helfen, wichtige Prinzipien wie etwa Meinungs- und Religionsfreiheit durchzusetzen: "Der beste Weg, eine Ideologie zu bekämpfen, die den Terrorismus als Waffe benutzt, ist die Verbreitung von Freiheit und Demokratie."
Bislang hat Bush seine Pläne noch nicht weiter konkretisiert. Unklar ist nicht nur, wie die Einsätze im Einzelnen organisiert werden sollen. Die Frage, inwieweit sich bestehende Organisationen in dem neuen System einbringen können, bleibt ebenso unbeantwortet. Schließlich steht auch eine genauere Beschreibung der einbezogenen Tätigkeiten noch aus.
Häufig fehlt Fachpersonal
Dieter Reinhardt vom Institut für Entwicklung und Frieden in Duisburg begrüßt den Vorstoß des US-Präsidenten. In der Phase nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung sei es sehr wichtig, schnell positive Entwicklungen hervorzubringen - etwa im Bereich der Infrastruktur und bei der medizinischen Versorgung. "Nicht selten fehlt hierfür ein Pool von schnell abrufbarem Fachpersonal", fügt Reinhardt hinzu.
Zweifelhaft ist, ob gerade ein Hilfskorps unter der Flagge der USA die Spannungen in den Einsatzländern beseitigen kann. Zwar könnte humanitäre Hilfe so tatsächlich schneller in das jeweilige Gebiet gelangen. Der Politikwissenschaftler Ernst-Otto Czempiel befürchtet jedoch, dass die Hilfskräfte der gleichen Kritik ausgesetzt wären wie die US-Streitkräfte. Der Gedanke der Einmischung sei "so deutlich, dass jeder Staat einen solchen Einsatz ablehnen würde."
Organisationen wollen Unabhängigkeit
Hilfsorganisationen verweisen in diesem Zusammenhang auf bereits bestehende Strukturen, etwa die der Vereinten Nationen. "Wir bevorzugen die UN als unparteiisches Gremium. Eine Führungsfunktion der USA hat dagegen häufig den Beigeschmack einer 'Missionierung'", sagt Marion Aberle, Pressesprecherin der Welthungerhilfe.
In heutigen Hilfseinsätzen zeigt sich bereits, wie heikel die Vermischung von militärischer und ziviler Hilfe sein kann. In Afghanistan beklagen sich Krisenhelfer über Militärs, die in voller Bewaffnung die Hilfstruppen begleiten. Die Folge ist, dass Streitkräfte und zivile Helfer nicht mehr unterschieden werden und somit beide in das Visier von Angriffen geraten.
Demokratisierung als jahrelanger Prozess
Hinzu kommt, dass sich ein so komplexes Problem wie die Demokratisierung nicht durch kurzfristige Krisenreaktion bewältigen lässt. "Es handelt sich um einen jahrelangen Prozess, der insbesondere durch Dialog geprägt ist", gibt Aberle zu bedenken. Dies gelte insbesondere in Ländern, in denen Demokratie zunächst als etwas Fremdes empfunden werde.
USA-Experte Czempiel lobt dennoch den Grundgedanken der Initiative. Bush habe "den Finger auf die offene Stelle der amerikanischen und auch der westlichen Politik gelegt." Der Gedanke, dass auch die humanitäre Hilfe intensiver Vorbereitung und effizienter Organisation bedürfe, sei richtig. Allein die Ausführung widerspreche diesem Ziel ganz deutlich.