Das Himmels- und Raumfahrtjahr 2021
22. Januar 20212021 fängt als Mars-Jahr an. Zwar ist unser rötlicher Nachbarplanet längst nicht mehr so dominant am Himmel wie im Herbst der vergangenen Jahres. Aber Mars bleibt bis in den April hinein ein markanter Lichtpunkt am abendlichen Westhimmel. Besonders hübsch ist sein Vorüberziehen am Sternhaufen der Plejaden Anfang März. Schon im Februar steht Mars ganz im Fokus der Raumfahrtenthusiasten: Im Sommer 2020 waren drei Raumsonden gestartet, die dann ihr Ziel erreichen.
Am 9. Februar soll Hope (Hoffnung), die erste interplanetare Sonde der Vereinigten Arabischen Emirate, in die Umlaufbahn um den Mars einschwenken. Geht alles nach Plan folgt einen Tag später Chinas erste Marssonde Tianwen-1. Der Name bedeutet himmlische Fragen und geht auf ein berühmtes altes Gedicht zurück. Beide Sonden sollen den Mars und seine Atmosphäre aus der Umlaufbahn erforschen. Die chinesische Sonde wird irgendwann im Mai eine Landesonde aussetzen, die im roten Sand aufsetzen soll. Ein kleiner Rover wird dann die Umgebung der Landestelle untersuchen.
NASA-Landung wie im James-Bond-Film
Der Höhepunkt aber ist die Landung des NASA-Rovers Perseverance am 18. Februar. Die Landekapsel wird beim Eintritt in die Atmosphäre zunächst durch die Reibung abgebremst, wobei sich der Hitzeschild auf über 1000 Grad Celsius aufheizt. Später sinkt die Sonde an Fallschirmen herab. Knapp zwei Kilometer über dem Boden kommt der Sky Crane zum Einsatz, der Himmelskran.
Von vier Düsen abgebremst nähert er sich der Oberfläche, während Radarsensoren zentimetergenau die Höhe bestimmen. Während des Abstiegs seilt der Kran den Rover an Bord der Kapsel ab. Das Fahrzeug setzt schließlich sanft auf dem Mars auf, während der Sky Crane sieben Meter über ihm die Seile kappt, wieder etwas aufsteigt und schließlich einige hundert Meter entfernt in den roten Staub stürzt.
Das gesamte Landemanöver spielt sich binnen sieben Minuten ab – den berüchtigten Minuten des Schreckens, in denen das Kontrollteam am Boden nur gebannt zuschauen kann, was am Mars passiert bzw. dort passiert ist. Denn die Funksignale brauchen Mitte Februar gut elf Minuten.
Wenn das NASA-Team in Pasadena in Kalifornien die Meldung empfängt, dass der Eintritt in die Atmosphäre beginnt, ist die Landung bereits geglückt – oder missraten. Eingreifen kann dann niemand mehr. Einen zweiten Versuch gibt es nicht. Das waghalsige Landemanöver, das aus einem Action-Streifen stammen könnte, hat die NASA bereits bei ihrem Rover Curiosity (Neugier) im Jahr 2012 erfolgreich eingesetzt.
Gibt oder gab es Leben auf dem Mars?
Der Name des neuen Rovers, Perseverance, bedeutet im Deutschen Ausdauer oder Beharrlichkeit. Das ist eine gute Wahl, denn die Forscherinnen und Forscher brauchen in der Tat Ausdauer, um beharrlich die ganz große Frage der Marsforschung zu lösen, an der sie schon Jahrzehnte knobeln: Gab es einst Leben auf dem Mars? Oder stecken womöglich noch heute Mikroben einige Meter tief im Boden unseres Nachbarplaneten? Perseverance soll einige Jahre durch die rote Landschaft rollen, das Material untersuchen und Proben einsammeln. Die kleinen Behälter werden – so der kühne Plan – gegen Ende des Jahrzehnts von einer Mars Sample Return-Mission, die NASA und ESA gemeinsam durchführen wollen, zur Erde geholt. Vielleicht verraten in gut zehn Jahren Marsproben aus dem Jahr 2021 die Existenz von kleinen grünen Mikroben.
Das lange Warten auf James Webb
Seit mehr als 30 Jahren kreist das Hubble-Weltraumteleskop um die Erde. Seine Aufnahmen der Planeten in unserem Sonnensystem aber auch von fernen Nebeln, Sternhaufen und Galaxien sind legendär. Das 1990 gestartete Auge in der Umlaufbahn dürfte gegen Ende dieses Jahrzehnts ausfallen. Eine Art Nachfolger wird das James Webb-Weltraumteleskop.
Es soll am 31. Oktober 2021 mit einer europäischen Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana in Südamerika aus ins All starten, fast 14 Jahre später als beim Beginn des Projekts 1997 geplant. Mit fast zehn Milliarden US-Dollar ist das Teleskop mehr als zehnmal so teuer wie ursprünglich konzipiert. Der Namenspatron James Webb war NASA-Chef während der Hochphase des Apollo-Projekts in den 1960er Jahren.
Die Astronominnen und Astronomen erwarten von den Aufnahmen des James Webb-Teleskops ganz neue Einsichten, wie das Universum entstanden ist, wie es sich entwickelt hat und wie sich Galaxien, Sterne und Planeten gebildet haben.
Das Instrument wird die früheste Kindheit des Kosmos beobachten und Objekte fotografieren, die es schon 200 bis 300 Millionen Jahre nach dem Urknall im Universum gab. Womöglich liefert James Webb, wie die Fachleute das Teleskop kurz nennen, sogar Hinweis auf möglicherweise bewohnte Exoplaneten, also Planeten die andere Sterne als die Sonne umkreisen.
Die deutsche Kamera für die Zigarette auf dem Mond
Der Spiegel des James Webb-Weltraumteleskops hat 6,5 Meter Durchmesser und besteht aus 18 Segmenten. Das gesamte Instrument startet buchstäblich zusammengefaltet ins All. In 178 Schritten muss es sich über einen Zeitraum mehrerer Monate entfalten. Erst dann – vermutlich im Frühjahr 2022 – gibt es die ersten Bilder aus den Tiefen des Kosmos. Jeder Schritt muss einwandfrei klappen, sonst ist die Mission verloren. Was Astronominnen und Astronomen schlaflose Nächte beraubt, ist für Raumfahrtfachleute fast Routine. Viele Kommunikationssatelliten entfalten sich erst im All – allerdings kommt es dabei nicht auf jeden Mikrometer an wie bei einem Teleskop. Astrofans werden James Webb nicht nur beim Start die Daumen drücken, sondern auch in den Monaten danach.
NIRSpec, eine der vier Kameras an Bord, wurde bei Airbus in Ottobrunn bei München gebaut. Sie besteht aus ungewöhnlichem Material: Keramik. Sowohl die Grundstruktur als auch die Spiegel sind aus diesem sehr leichten, harten und extrem temperaturunempfindlichen Werkstoff hergestellt. Aus gutem Grund, denn die Kamera – so groß wie ein Schrankkoffer – muss im All einiges aushalten. Sie wird auf etwa -250 Grad Celsius gekühlt, um so die schwache Infrarot- oder Wärmestrahlung aus den Tiefen des Alls zu registrieren. Kunststoff oder Metall verzögen sich dabei und führten zu unscharfen Bildern.
Keramik dagegen bleibt auch dann noch perfekt in Form. Das NIRSpec-Instrument soll unter anderem entstehende Sterne und ferne Galaxien untersuchen. Die Keramik-Kamera ist sagenhaft empfindlich: Sie könnte noch die Wärmestrahlung einer brennenden Zigarette auf dem Mond registrieren. Dank dieser Präzision bekommen die Astronomen mit James Webb und NIRSpec, Hightech made in Germany, völlig neue Einblicke in die Kinderstuben des Kosmos.
Kein Flug zum Mond aber zur ISS
Nur mit sehr viel Glück startet Ende 2021 noch das Orion-Raumschiff von NASA und ESA zur Jungfernreise zum Mond. Vier Wochen lang soll es im Rahmen der Mission Artemis-1 im All bleiben und davon einige Tage lang den Mond umkreisen. Menschen sind beim Erstflug noch nicht an Bord, dafür aber zwei Puppen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, die mit Tausenden Sensoren messen, welchen Bedingungen Menschen an Bord ausgesetzt wären.
Die Orion-Kapsel stammt von der NASA, die ESA liefert das Servicemodul, gleichsam den Motorblock. Das Servicemodul, das bei Airbus in Bremen gebaut wird, sorgt für Antrieb, Navigation, Steuerung und die Versorgung mit Luft, Wasser und Treibstoff. Nach Problemen bei einem Triebwerktest Mitte Januar dürfte die neue NASA-Großrakete SLS, Space Launch System, mit der Orion starten soll, wohl erst Anfang 2022 einsatzbereit sein.
Im Oktober soll Matthias Maurer aus dem Saarland zur Internationalen Raumstation ISS fliegen. Der Flug erfolgt mit einer Crew Dragon-Kapsel von Cape Canaveral aus. Ein halbes Jahr lang soll Matthias Maurer in den Modulen in der Umlaufbahn leben und arbeiten. Derzeit trainiert er die Arbeit an zahlreichen wissenschaftlichen Experimenten. Maurer wird der 12. Deutsche im All sein.
Bisher hat Deutschland nur Männer ins All geschickt. In keinem anderen Land haben es Frauen in der Raumfahrt so schwer. Mitte März beginnt die ESA die nächste Auswahlrunde für Astronautinnen und Astronauten. Dann sollte endlich auch Deutschland in der Lage sein, ein Frau als Astronautin auszuwählen. Dass es zahlreiche exzellente Bewerberinnen gibt, hat vor einigen Jahren die private Initiative Die Astronautin gezeigt.
Zwei Mondfinsternisse: einmal total, einmal fast
Auch wenn es noch keinen Mondflug gibt, so freuen sich Himmelsfans auf zwei Verfinsterungen unseres Trabanten. Am 26. Mai kommt es zwischen 09:45 h und 12:53 Uhr UTC zu einer schönen Mondfinsternis. Zur Mitte, von 11:10 Uhr bis 11:28 Uhr, steht der Mond komplett im Schatten der Erde. Er ist dann nur noch in einem kupferroten Licht zu sehen. Das ist Sonnenlicht, das durch die Erdatmosphäre in den Erdschatten gelenkt wird.
Diese Finsternis ist im gesamten pazifischen Raum zu beobachten, am besten in Australien, Neuseeland, Hawaii und in der Antarktis. In Europa steht der Mond während der Finsternis unter dem Horizont.
Das gilt auch für die partielle Mondfinsternis am 19. November. Von 07:18 Uhr bis 10:47 Uhr UTC steht der Mond teilweise im Schatten der Erde. Zur Mitte der Finsternis gegen 09:03 Uhr ist der Mond zu 98 Prozent verfinstert – die Finsternis ist also fast total. Das Spektakel ist am besten in Nordamerika, Grönland, in Ostasien und weiten Teilen des Pazifiks zu sehen, etwa in Hawaii und Neuseeland.
Zwei Sonnenfinsternisse – eine ringförmig, eine total
Im Jahr 2021 schiebt sich der Mond zweimal genau vor die Sonne. Am 10. Juni befindet er sich allerdings fast im erdfernsten Punkt seiner elliptischen Bahn. Daher ist er zu klein, um die Sonne komplett abzudecken. Somit bleibt auch zum Höhepunkt der Finsternis ein Sonnenring zu sehen, ähnlich wie der Rand eines 2-Euro-Stücks rund um ein 1-Euro-Stück sichtbar bleibt, das genau auf ihm liegt. Der Feuerring der Sonne zeigt sich zwischen 09:55 Uhr und 11:28 Uhr UTC für maximal vier Minuten – allerdings nur in sehr dünn besiedelten Gebieten im Nordosten Kanadas, im Norden Grönlands, am Nordpol und im fernen Osten Sibiriens.
Im Nordatlantik, in Europa und weiten Teilen Russlands ist die Finsternis zumindest partiell zu sehen. Zwischen 8:12 h und 13:11 Uhr UTC erscheint die Sonne wie ein mehr oder weniger stark angebissener Keks, weil der Mond Teile der hellen Scheibe abdeckt. An einem bestimmten Ort dauert das Schattenspiel rund zwei Stunden. In Mitteleuropa wird maximal ein Fünftel der Sonne bedeckt.
Dunkle Sonne über der Antarktis
Das Himmelsereignis des Jahres wäre eigentlich die totale Sonnenfinsternis am 04. Dezember. In einem gut 400 Kilometer breiten Streifen schiebt sich der Neumond komplett vor die Sonne. Für maximal 1 Minute und 54 Sekunden wird der Tag zur Nacht: die hellsten Sterne sind am Himmel zu sehen und rund um die dunkle Mondscheibe zeigt sich die flammende Sonnenatmosphäre, die Korona. Totale Sonnenfinsternisse sind die beeindruckendsten regelmäßig auftretenden Himmelsereignisse. Aber leider wird kaum jemand dieses Schauspiel zu sehen bekommen. Denn der Totalitätsstreifen läuft nur durch das Südpolarmeer und die Antarktis. Von 7:03 Uhr bis 8:04 Uhr UTC zieht der Kernschatten des Mondes über die Erdoberfläche – und vielleicht kommen zumindest einige Schiffsbesatzungen in den Genuss der Sonnenkorona.
Achtung! Nur während der wenigen Minuten einer totalen Finsternis lässt sich gefahrlos mit bloßem Auge Richtung Sonne blicken. Während der partiellen Phase oder bei einer ringförmigen Finsternis sind immer (!) geeignete Schutzbrillen notwendig, um das Schauspiel zu verfolgen. Normale Sonnenbrillen sind keine Schutzbrillen! Ungeschützt in die Sonne zu blicken, kann die Augen zerstören und zu völliger Erblindung führen!
Zwei Riesenplaneten im Nordsommer und Südwinter
Venus, unser innerer Nachbarplanet zieht am 26. März hinter der Sonne entlang. Von Ende April bis Jahresende ist sie dann als Abendstern am Himmel nach Sonnenuntergang zu sehen. Der von dichten Wolken eingehüllte Planet ist nach Sonne und Mond das hellste Gestirn am Himmel. Die beste Sichtbarkeit ist von September bis Dezember – manche halten die Venus auf den ersten Blick für die Landescheinwerfer eines Flugzeugs.
Der Riesenplanet Jupiter befindet sich am 20. August in seiner besten Stellung des Jahres. Er strahlt dann im Sternbild Steinbock die ganze Nacht hindurch unübersehbar am Firmament. Erst Anfang des nächsten Jahres verschwindet er vom Abendhimmel. Der Ringplanet Saturn steht ebenfalls im Sternbild Steinbock und ist am 2. August besonders gut zu beobachten – Jupiter und Saturn sind die Stars des Sommers auf der Nord- und die der langen Winternächte auf der Südhalbkugel. Beide bilden ein schönes Doppelgestirn – sie sind nur etwas mehr als eine Handspanne bei ausgestrecktem Arm voneinander getrennt. Jupiter ist der hellere der beiden. Auf der Nordhalbkugel steht er links von Saturn, auf der Südhalbkugel rechts.
Sternschnuppen-Wunschkonzert im August und Dezember
Viele Menschen freuen sich, wenn sie eine Sternschnuppe am Himmel sehen. Für eine Sekunde huscht eine helle Leuchtspur über den Himmel. Das kann jederzeit passieren – daher lohnt sich stets der genaue Blick ans Firmament! Aber es gibt bestimmte Perioden, in denen die Erde die Bahn eines Kometen kreuzt und das Auftreten von Sternschnuppen viel wahrscheinlicher ist als in anderen Nächten.
Auf Kometenbahnen sind viele Steinchen und Staubpartikel verstreut, die beim Eintritt die Erdatmosphäre für einen Moment hell aufleuchten. Besonders erfolgversprechend sind die Perseiden: Vom 09. bis 13. August huschen einige Dutzend Meteore pro Stunde, so der Fachbegriff für Sternschnuppen, über das Firmament. Die Leuchtspuren scheinen aus dem Sternbild Perseus, nahe dem markanten Himmels-W der Kassiopeia zu kommen. Ähnlich schön mit sogar bis zu 100 Sternschnuppen pro Stunde werden die Geminiden vom 10. bis 15. Dezember. Dann kommen die Meteore aus den Zwillingen.
Der Tradition nach geht ein stiller Wunsch beim Anblick einer Sternschnuppe in Erfüllung – gerade in diesen Corona-Zeiten werden sich viele darüber freuen. Man mag diese alte Sitte für Folklore halten. Oder man denkt einfach an den großen dänischen Physiker Niels Bohr. Auf die Frage, weshalb ausgerechnet er als nüchterner Wissenschaftler ein Hufeisen über der Tür seines Sommerhauses hängen habe, meinte er einst lakonisch, man habe ihm gesagt, es bringe auch Glück, wenn man nicht daran glaube. So ist es sicher auch mit den Sternschnuppen im Jahr 2021!