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Farblos, aber beliebt

11. Januar 2010

Es war ein deutlicher Sieg für Ivo Josipovic: Über 60 Prozent der Kroaten haben ihn zum Präsidenten gewählt. Der Jura-Professor gilt nicht als schillernde Persönlichkeit, sondern als sachlicher Politiker.

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Ivo Josipovic winkt nach Bekanntmachung der ersten Wahlergebnisse der Menge zu (Foto: AP)
Schon vor der Wahl war er der Favorit: Ivo JosipovicBild: AP

Ivo Josipovic, "der Langweiler mit dem roten Schal", ist mit großer Mehrheit zum neuen kroatischen Staatsoberhaupt gewählt worden. Den Titel haben ihm einige Medien wegen seiner glanz- und farblosen Auftritte in der Wahlkampagne spöttisch verliehen. Er stehe für ein "Programm der neuen Gerechtigkeit", sagte der Sieger in einer ersten Reaktion. Dazu gehöre auch der Kampf gegen die Kriminalität. "Ich bin tief davon überzeugt, dass wir alle in einem Land leben wollen, in dem Arbeit bezahlt, und Kriminelle bestraft werden."

Auf dem Weg nach Europa

Kroatische und europäische Flagge (Montage: AP Graphics Bank/DW)
Josipovic will Kroatien in die EU begleitenBild: AP GraphicsBank/DW

Der 52-Jährige will sich für ein "gerechtes und europäisches Kroatien" einsetzen, das für Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte stehe. Josipovic ermunterte die Bürger, ihm zu folgen: "Fürchtet euch nicht! Wir werden diese schwere Wirtschaftskrise besiegen, wir werden Korruption und Kriminalität besiegen, wir werden Armut besiegen! Es stimmt, auf uns kommt viel Arbeit und viele Herausforderungen zu. Wir werden sie aber erfolgreich bewältigen." Josipovic macht sich auch für einen Beitritt Kroatiens in die EU bis 2012 stark. "Das europäische Kroatien hat gewonnen", sagte nach der Wahl der scheidende Präsident Stjepan Mesic.

Bereits vor der Stichwahl vom Sonntag (10.01.2010) wurde der Jura-Professor als Favorit gehandelt. Er gilt als unverbrauchte und integre Persönlichkeit. Das könnte ihm zum Sieg verholfen haben, denn die Öffentlichkeit in Kroatien ist der Affären und Intrigen müde. In der politischen Kultur des Balkans ist eine sachbetonte, gelassene und versöhnliche Haltung wie Josipovic sie verkörpert eher eine Seltenheit.

Jura lehren und Opern komponieren

Wahlplakat mit Ivo Josipovic (Foto: AP)
Musikliebhaber und Jura-ProfessorBild: AP

Ivo Josipovic wurde 1957 in Zagreb geboren. Ende der 1980er-Jahre engagierte er sich politisch und schloss sich den Sozialdemokraten (SDP) an. Er trug dazu bei, dass sich die einstige kommunistisch geprägte Partei in eine sozialdemokratische Partei westlichen Musters wandelte. 1994 trat Josipovic aus der Partei aus, um sich ganz seiner Jura-Professur und der Musik zu widmen. Er lehrte Völkerrecht an der juristischen Fakultät in Zagreb und plant seine erste Oper - über das Leben und das Werk von John Lennon.

2003 kehrte Josipovic in die Politik zurück: Er wurde als parteiloser Kandidat auf der Liste der Sozialdemokraten ins Parlament gewählt. Doch erst zwei Jahre später trat er wieder in die SDP ein.

Ein deutliches Zeichen

"Wir sind die Kraft, die das Bild dieses Landes verändert, die Kraft, die das Fundament der Ungerechtigkeit bricht und ein besseres Kroatien schafft. Kroatien wird endlich das Land, das wir alle verdienen, endlich eine Heimat für alle anständigen Leute", sagte Josipovic am Wahlabend. Der Musikliebhaber hatte für das Ende des Abends etwas Besonderes geplant: Er verließ den Saal mit seinen Anhängern zu den Klängen der Europa-Hymne. Sonst wurde immer die kroatische Nationalhymne gespielt. Der neue Präsident, der am 18. Februar seine Arbeit beginnen soll, beweist damit einen Sinn für Inszenierung.

Autor: Srecko Matic
Redaktion: Julia Kuckelkorn