Deutschlandjahr in Brasilien
13. Mai 2013Sie fahren so schnell sie wollen, trinken Unmengen Bier und sind hoffnungslos unterkühlt im Umgang mit andern. Soweit das reduzierte Bild, das viele Brasilianer von den Deutschen haben. Nicht bei diesen Klischees stehenbleiben, sondern das Bild von Deutschland um weitere Facetten bereichern - das ist ein Ziel der Veranstalter des Jahres "Deutschland + Brasilien 2013-2014". Das Austauschjahr hat am Montag (13.05.2013) in São Paulo begonnen; eröffnet wurde es von Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff und Bundespräsident Joachim Gauck. "Wo Ideen sich verbinden" lautet das Motto, unter dem die Events stattfinden.
Deutsche Industrie hat Federführung
Dass es dabei nicht nur um Kultur geht, wird schon beim Blick auf die Projektleitung klar. Die hat nämlich erstmals bei einem Partnerlandsjahr der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) inne. Rafael Haddad, Geschäftsführer des Brazil Boards im BDI, betont das herausragende Interesse für Brasilien: "Brasilien ist das einzige Land, dem die deutsche Wirtschaft ein eigenständiges Unternehmergremium widmet", erklärt er.
Für das kulturelle Programm des Deutschlandjahres ist das Goethe-Institut verantwortlich. "Die Neuheiten bestehen im Katalogmodell, in der Art der Finanzierung, der Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und in der Vielfältigkeit des Angebots und Zielpublikums", erklärt Wolfgang Bader, Leiter des Goethe-Instituts in São Paulo und Koordinator des kulturellen Programms des Deutschlandjahres.
Bereits im Juni 2012 wurde während der Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage ein umfangreicher Katalog mit rund 140 Projektvorschlägen vorgestellt. Interessierte Sponsoren erfahren hier, wie sie sich an den Veranstaltungen beteiligen können. Zielgruppe des Katalogs sind vor allem die über 900 in Brasilien ansässigen deutschen Unternehmen.
Mit dem Kultur-Truck durch Brasilien
Wolfgang Baders persönliches Herzstück ist die "Kulturtour - Deutschland auf vier Rädern". Ein Jahr lang wird ein Truck mit ausklappbarer Bühne in 16 brasilianischen Städten Konzerte, Theatervorstellungen und Filme zeigen. Sogar eine eigene Bibliothek ist Bestandteil der Roadshow, die an jeder Station eine Woche lang kulturelles Programm bieten soll.
"500 Jahre deutsche Kunst" ist ein weiteres Großprojekt, das in Zusammenarbeit mit dem Kulturzentrum der Banco do Brasil veranstaltet wird. Von Oktober 2013 bis Mai 2014 können Besucher in Rio de Janeiro, São Paulo und Brasília Exponate aus den staatlichen Museen Dresden und Berlin bewundern: Werke von Dürer und Cranach bis hin zur modernen Kunst von Georg Baselitz.
Mit dem Projekt "Lebensgefühl Berlin - ein Festival" bringen eine Woche lang Bands und DJs die moderne musikalische Szene der deutschen Hauptstadt nach São Paulo.
Schwerpunkt Literatur
Im Oktober 2013 ist Brasilien Gastland der Frankfurter Buchmesse, umgekehrt wird Deutschland bei den internationalen Buchmessen in Rio und São Paulo zu Gast sein. Der Literaturaustausch sieht die Förderung von Übersetzungsprogrammen vor, Deutschland präsentiert sich als Mutterland des Buchdrucks.
Im Vorfeld der Messen ist das Projekt "Stadtschreiber" geplant: Sechs deutsche und sechs brasilianische Autoren leben vier bis acht Wochen im jeweils anderen Land in unterschiedlichen Städten und veröffentlichen ihre Eindrücke in einem Blog.
"Feuerwerk" mit Nachhall
Natürlich soll auch die deutsche Wissenschaft in Brasilien beworben werden. Dabei geht es um Themen wie Nachhaltigkeit, Innovation und Städteplanung: Der sparsame Umgang mit Energie und deren innovative Gewinnung stehen ebenso auf dem Plan wie die Infrastruktur der brasilianischen Metropolen.
In Rio, São Paulo und in Belo Horizonte können Besucher im "Science Tunnel" der Max-Planck-Gesellschaft die neuesten Entdeckungen und Forschungen des Wissenschaftsstandortes Deutschland kennenlernen.
Nachhaltig soll aber auch das ganze Deutschlandjahr in Brasilien wirken. "Es soll kein Feuerwerk sein, das schnell verpufft", betont Bader, Leiter des Goethe-Instituts. Grund zur Hoffnung gibt die Gründung des "Freundeskreis Wirtschaft", der unter Federführung des Goethe-Instituts einen regelmäßigen Austausch über Entwicklungen in Wirtschaft, Politik und Kultur auch nach dem Länderjahr fördern soll.