Deutschland übernimmt G7-Präsidentschaft
30. Dezember 2021Das Logo darf schon bewundert werden. Kurz vor Weihnachten hielt Regierungssprecher Steffen Hebestreit ein blaues Plakat in die Höhe, auf dem ein weißes G und eine weiße 7 so ineinander gesetzt sind, dass sie grafisch zu einem G verschmelzen. "G7 Germany 2022" steht darunter, mehr nicht. "Diese Konzentration auf das Wesentliche soll stellvertretend stehen für das fokussierte Arbeitsprogramm, das wir uns für diese Präsidentschaft vorgenommen haben", sagte Hebestreit.
Die G7, das sind USA, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland. Als sich die Gruppe in den Siebziger Jahren zusammenschloss, waren sie die sieben stärksten Industrienationen der Welt und Wirtschaft war das dominierende Thema. Heute geht es in der "Gruppe der Sieben" meistens um die großen politischen Themen, die nur multilateral, also gemeinsam zu bewältigen sind.
Deutschland übernimmt von Großbritannien
Vieles von dem, was unter britischer G7-Präsidentschaft 2021 besprochen und verhandelt wurde, muss ab Januar unter der dann turnusmäßig beginnenden deutschen Präsidentschaft fortgesetzt werden. Vor allem die weitere Bekämpfung der Corona-Pandemie, die nach zwei Jahren weit davon entfernt ist, bewältigt zu sein. Ende November haben sich die Gesundheitsminister der G7 zuletzt zusammengeschaltet. Auf dem G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Juni in London wurde vereinbart, 2,3 Milliarden Impfdosen bis Ende 2022 an Entwicklungsländer zu verteilen. Deutschland ist der zweitgrößte Geber in der Impfallianz COVAX.
Ein zentrales Thema der deutschen G7-Präsidentschaft soll die Klimapolitik werden. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Neujahrsansprache an und bestätigte damit, was Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) bereits beim letzten Treffen der G7-Außenminister unter britischer Präsidentschaft in Liverpool gesagt hatte. Die Klimakrise habe Auswirkungen im Bereich Frieden und Sicherheit, nicht nur für die Europäer, sondern besonders für die betroffenen Schwellen- und Entwicklungsländer.
"Wir können uns der Illusion hingeben, dass der Westen eine Insel ist, aber auch auf dieser steigt das Wasser weiter unaufhaltsam an, wenn wir jetzt nicht handeln", so Baerbock. "Deswegen werden wir den gemeinsamen Umgang mit der Klimakrise zu einem der Schwerpunkte unseres G7-Vorsitzes im nächsten Jahr machen."
China einbinden
Ohne China werden die G7 die Erderwärmung allerdings nicht bremsen können. "China ist Partner für uns, für die G7", betont Außenministerin Baerbock und meint damit mehr als nur den Klimaschutz. "Bei vielen globalen Fragen kann man Dinge nur gemeinsam lösen." Der Umgang mit dem autoritären Regime in Peking ist innerhalb der G7 allerdings alles andere als unumstritten. US-Präsident Joe Biden drängte schon beim G7-Gipfel in London auf eine härtere Gangart.
China sei durchaus Wettbewerber und "in vielen Dingen auch Systemrivale", sagt Außenministerin Baerbock, aber: "Kooperation ist das oberste Gebot in Diplomatie und internationaler Zusammenarbeit, aber auf der Grundlage von Menschenrechten und internationalen Verträgen." Mit diesem "außenpolitischen Dilemma" müsse man umgehen.
Die USA sind der "wichtigste Partner"
So sieht es auch der Bundeskanzler. "Wir müssen unsere China-Politik an dem China ausrichten, das wir real vorfinden", sagte Scholz in seiner ersten Regierungserklärung, die er Mitte Dezember im Bundestag abgab. Die "kritische Menschenrechtslage" und die "Verstöße gegen universelle Normen" müssten "beim Namen" genannt werden. "Das ändert nichts daran, dass ein Land von der Größe und Geschichte Chinas einen zentralen Platz im internationalen Konzert der Völker hat."
In der deutschen G7-Präsidentschaft wird deutlich werden, dass die neue Bundesregierung ihre Außenpolitik noch viel mehr als bisher im "konstruktiven Dialog" gestalten will. Im G7-Format geht das allerdings nicht ohne die USA, das weiß auch der Bundeskanzler. Im globalen Wettbewerb seien die Vereinigten Staaten der "wichtigste Partner", betonte Scholz in seiner Regierungserklärung.
Scholz will Joe Biden in die Pflicht nehmen
Ein Partner, von dem er nun einiges erwartet. "Mit US-Präsident Joe Biden eint mich die Überzeugung, dass die liberalen Demokratien der Welt neu beweisen müssen, dass sie die besseren, die faireren und die gerechteren Antworten auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts liefern können", so Scholz. Das gelte auch für das Verhältnis der Länder untereinander. Die Bundesregierung werde sich immer für die multilaterale Zusammenarbeit und ihre Institutionen stark machen.
Auch mit Blick auf Russland. Die G7 haben im Fall eines Angriffs auf die Ukraine mit "massiven Konsequenzen" gedroht.Gemeint sind damit vor allem wirtschaftliche Strafmaßnahmen. "Jede Verletzung territorialer Integrität wird einen hohen Preis haben, und wir werden hier mit unseren europäischen Partnern und unseren transatlantischen Verbündeten mit einer Stimme sprechen", betonte Bundeskanzler Scholz im Bundestag und wiederholte damit eine Aussage seiner Amtsvorgängerin Angela Merkel.
G7-Präsidentschaft als große internationale Aufgabe
Davon unbenommen will Scholz aber weiterhin auf Verhandlungen drängen. Deutschland müsse vor dem Hintergrund seiner Geschichte "bereit sein, immer einmal öfter den Versuch der Verständigung zu unternehmen, den Versuch, aus der Eskalationsspirale auszubrechen."
Die G7-Präsidentschaft sei eine "große internationale Aufgabe, die wir unmittelbar angehen müssen", kündigt auch Bundesfinanzminister Christian Lindner an, der ein Ministertreffen für die Finanzminister der G7-Staaten ausrichten wird. Gleiches planen unter anderem das Auswärtige Amt und die Ministerien für Wirtschaft und Gesundheit.
Gipfeltreffen in den bayerischen Alpen
Höhepunkt der deutschen G7-Präsidentschaft ist der Gipfel der Staats- und Regierungschefs vom 26. bis 28. Juni auf Schloss Elmau in der landschaftlich reizvollen Kulisse der bayerischen Alpen. Schon 2015 war der kleine Ort im Landkreis Garmisch-Partenkirchen Gipfelort.
"Das ist natürlich eine schöne Bestätigung dafür, dass das beim letzten Mal gut hingehauen hat und bleibende Eindrücke bei den Staats- und Regierungschefs hinterlassen hat," freut sich der zuständige Bürgermeister Thomas Schwarzenberger in einem Interview des bayerischen Rundfunks.
"Natürlich wissen wir aber auch, dass wieder viel Arbeit auf uns, auf die Polizei, die Rettungskräfte und alle, die eingebunden sind, zukommen wird. Die nächsten sechs Monate werden sehr anstrengend und sehr fordernd." Schloss Elmau erfülle alle logistischen und sicherheitstechnischen Anforderungen an einen G7-Gipfelort, heißt es von Seiten der Bundesregierung.
Der Gipfel soll 166 Millionen Euro kosten
Das Fünf-Sterne-Luxushotel mit großen Suiten für die Staats- und Regierungschefs liegt in einem Hochtal im Wald in schwer begehbarem Gelände. 2015 wurden die Straßen rundherum für Polizeifahrzeuge ausgebaut, es wurden ein eigener Flugplatz und ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet.
Das bayerische Innenministerium veranschlagt rund 166 Millionen Euro Kosten für den Gipfel. Fast 90 Prozent davon sind für die Sicherheit eingeplant, unter anderem für kilometerlange, hohe Sicherheitszäune und satellitengestützte Kommunikationssysteme. 2015 waren 20.000 Polizisten aus ganz Deutschland im Einsatz, um aus dem Tagungsort eine Festung zu machen.Weniger werden es auch diesmal kaum werden.