DFB-Team: Mit Euphorie und neuer Sicherheit zur EM
26. März 2024Ein ausverkauftes Stadion in Frankfurt, lautstarke Unterstützung für das DFB-Team von den Rängen und eine Mannschaft, die den Ball sehr gekonnt in den eigenen und durch die gegnerischen Reihen laufen ließ.
Wie schon beim eindrucksvollen Sieg gegen Frankreich drei Tage zuvor, war die deutsche Nationalmannschaft auch beim 2:1-Erfolg gegen die Niederlande nur sehr schwer vom Ball zu trennen. Trotz eines frühen Gegentreffers verloren die Gastgeber nie die Ruhe. Sie kontrollierten die Partie über weite Strecken und sorgten bei den angereisten Fußball-Fans mit gekonnten Ballstafetten immer wieder für - teilweise ungläubiges - Staunen.
Am Ende stand ein knapper aber verdienter Sieg - und der nächste erfolgreiche Schritt auf dem Weg zur Fußball-Europameisterschaft in Deutschland. "Wir sind froh und glücklich. Aber wir bleiben demütig", sagte Thomas Müller nach dem Spiel. "Wir wissen aber - und das ist das Schöne, das hat es bestätigt - dass man eigentlich das Potenzial zu einer tollen Fußballnation hat. Und jetzt haben wir zumindest diese Hoffnung auch wieder ein Stück weit genährt."
Rudi Völler: "Das Beste in den letzten Jahren"
Schon der Auftritt gegen die Franzosen hatte DFB-Sportdirektor Rudi Völler regelrecht ins Schwärmen geraten. "Das war mit Sicherheit das Beste, was wir in den letzten Jahren gespielt haben." Die Worte des Weltmeisters von 1990 klangen wie aus einer anderen, einer besseren Zeit. Denn vor nur drei Monaten hatte die DFB-Elf lediglich für negative Schlagzeilen gesorgt.
Doch seit diesem Jahr ist alles anders: Und die Partie gegen starke Niederländer war ein weiterer Beweis für die neue Qualität im Team. Lief das Frankreich-Spiel nach dem frühen 1:0 nach nur acht Sekunden von Anfang in die Richtung des deutschen Teams, musste die Mannschaft gegen die Niederländer beweisen, dass sie auch mit Rückschlägen zurechtkommen.
Einer der entscheidenden Bausteine ist Rückkehrer und Mittelfeldregisseur Toni Kroos, der von allen Seiten gelobt wird. "Was mir gefällt, man merkt ihm gar nicht an, wie erfolgreich er ist", freute sich Bundestrainer Julian Nagelsmann über seinen "Neuzugang". "Er gliedert sich in die Gruppe ein. Du merkst da keinen großen Unterschied."
Kroos, der dem Team die Sicherheit gibt, die lange gefehlt hat, war auch gegen die Niederlande ein Ruhepol im deutschen Spiel. "Er macht seine Mitspieler besser", lobte Nagelsmann seinen Führungsspieler, der die letzten beiden Auftritte der Nationalmannschaft maßgeblich mit beeinflusst hat.
Es gilt das Leistungsprinzip
Doch auch Fußball-Lehrer Nagelsmann hat etwas verändert und seine letzten Ideen über den Haufen geworfen. Er setzt nun voll auf das Leistungsprinzip und nimmt dabei auch keine Rücksicht auf große Namen wie Leon Goretzka vom FC Bayern oder Mats Hummels oder andere Profis von Borussia Dortmund.
Das Team, das Nagelsmann gegen Frankreich und auch jetzt gegen die Niederlande auf den Platz schickte, war gespickt mit Spielern von Europas Top-Mannschaften. Von Kai Havertz (FC Arsenal) über Antonio Rüdiger, Kroos (beide Real Madrid), Jonathan Tah, Florian Wirtz, Robert Andrich (alle Bayer 04 Leverkusen), Jamal Musiala (FC Bayern) bis hin zu Maximilian Mittelstädt vom VfB Stuttgart - sie alle überzeugen gerade in ihren Klubs und spielen um die Top-Platzierungen in den jeweiligen Ligen mit.
Von den beiden Testspielen nahm der Bundestrainer mit, "dass die zehn Tage von A bis Z sehr viel Spaß gemacht haben", sagte er in der Pressekonferenz. "Die Gruppe hat das echt sehr, sehr gut gemacht, sie haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, aber auch einen brutalen Ehrgeiz. Schon gegen Frankreich hatten wir ein gutes Gefühl. Und heute wieder."
Wirtz und Musiala nicht zu stoppen
In wenigen Monaten eröffnet Deutschland die Europameisterschaft in eigenen Land mit dem Spiel gegen Schottland in München. Es ist nur noch wenig Zeit eine Truppe zusammen zu stellen, die ein besseres Bild abgibt als bei den letzten Turnieren. Seit der EM in Frankreich 2016 schaffte es das DFB-Team nicht mehr über das Achtelfinale (EURO 2020) hinaus. Das soll in diesem Jahr anders werden und Nagelsmann scheint nach ein bisschen Anlaufzeit die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben.
Doch auch die Mannschaft - in der aktuellen Zusammenstellung - scheint sich gefunden zu haben. Es steht wieder ein echtes Team auf dem Platz, die alle Tugenden zeigen, die für den Erfolg notwendig sind. Niemand ist sich zu schade für die oft zitierte Drecksarbeit, also die bei Offensivspielern oftmals unbeliebte Defensivarbeit. Auch etablierte und namhafte Akteure wie Ilkay Gündogan ordnen sich unter und beschweren sich nicht, wenn sie mal ausgewechselt werden.
Mittelstädt: "Hier entsteht gerade etwas Großes"
Zudem hat Nagelsmann mit Wirtz, der gegen Frankreich bereits nach acht Sekunden traf, und Musiala zwei Spieler im Team, die in der Lage sind nahezu jede gegnerische Abwehr in den Wahnsinn zu treiben. Beide haben sich in ihren Verein in den vergangenen Monaten extrem weiterentwickelt. "Flo macht das sensationell gut, wie er den verarbeitet", schwärmte Kroos vom schnellsten Tor der deutschen Länderspielgeschichte.
Es passt aktuell bei der DFB-Elf, auch wenn zwei gute Spiele nicht mehr zeigen können als eine positive Tendenz. Dennoch wagt der eine oder andere Spieler bereits einen Blick auf die bevorstehende Europameisterschaft. "Ich glaube, hier entsteht gerade etwas Großes", sagte etwa Debütant Mittelstädt nach dem Sieg gegen Frankreich und ergänzte: "Das hat man heute im Ansatz schon gesehen, dass wir Bock haben zu spielen, dass wir uns miteinander sehr gut verstehen und genauso weitermachen müssen."
Es passte, das ausgerechnet Mittelstädt mit einem Traumtor und seinem erster Länderspieltreffer für den schnellen Ausgleich sorgte. Es passte deswegen, weil der 27-Jährige beim VfB Stuttgart gerade auf einer Euphoriewelle schwimmt und sich durch nichts aus der Bahn werfen lässt. Beim 1:0 für die Niederländer war Mittelstädt noch der entscheidende Abspielfehler unterlaufen.
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Deutschland - Niederland 2:1 (1:1)
Tore: 0:1 Veerman (4.), 1:1 Mittelstädt (11.), 2:1 Füllkrug (85.)
Zuschauer in Frankfurt/Main: 48.390 (ausverkauft)