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Politik

'Die Golfkrise kommt nach Afrika'

Martina Schwikowski
20. Juni 2017

Soldaten aus Katar sicherten bisher die Grenze zwischen Dschibuti und Eritrea. Nun hat das Emirat seine Truppen abgezogen. Seitdem wachsen die Spannungen zwischen beiden Ländern. Die UN sind besorgt.

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Karte von Eritrea und Dschibuti am Horn von Afrika
Eritrea und Dschibuti streiten sich über einen Teil ihrer GrenzeBild: DW

Am Horn von Afrika spitzt sich der Grenzkonflikt zwischen Eritrea und Dschibuti wieder zu. Sieben Jahre lang sicherten Friedenstruppen aus Katar die umstrittene Grenze zwischen beiden Ländern. Durch die Golfkrise ist der Streit wieder aufgeflammt. Anfang letzter Woche hatte Eritrea -  wie bereits Saudi-Arabien und mehrere arabische Staaten - die diplomatischen Beziehungen zum Golfemirat abgebrochen. Daraufhin reagierte Katar prompt und zog seine rund 450 Friedenssoldaten von der Grenze zu Eritrea ab. Damit beendete das Emirat seine Rolle als Vermittler zwischen den beiden Ländern.

Vergangenen Freitag warf Dschibuti seinem Nachbarn Eritrea vor, einen Teil des umstrittenen Gebiets besetzt zu haben. Kurz nachdem das Emirat Katar seine Truppen dort abgezogen habe, seien eritreische Soldaten in das Gebiet vorgerückt, sagte Dschibutis Botschafter in Äthiopien, Mohammed Idriss Farah. Seine Regierung reichte eine Beschwerde bei der Afrikanischen Union (AU) ein. Die rief beide Länder zur Einhaltung des Friedensabkommens auf und will schnellstens eine Kommission zur Untersuchung der Vorfälle entsenden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mahnte Eritrea und Dschibuti am Montag, ihren Konflikt friedlich zu lösen. Man wolle mit der AU eng zusammenarbeiten, "um eine Atmosphere von Ruhe und Zurückhaltung aufrechtzuerhalten", teilte der Sicherheitsrat mit.

Katar bricht Vermittlung ab

Die Krise am Golf schwelt bereits seit einigen Wochen.  Saudi-Arabien und mehrere andere Länder hatten die diplomatischen Beziehungen zu Katar abgebrochen und die Grenzen zum Emirat geschlossen.  Die vier arabischen Länder haben Lebensmittellieferungen nach Katar gestoppt, auch Flugverbindungen in die Hauptstadt Doha sind eingestellt. Sie werfen Katar vor, Terrororganisationen zu unterstützen. Katars Außenminister Scheich Mohammed al-Thani nannte den Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten einen "Akt der Aggression". Er forderte die sofortige Aufhebung der Sanktionen. Katar, Zwergstaat mit zwei Millionen Einwohnern, ist zu einem Schwergewicht in der Region gewachsen. Der Iran und die Türkei unterstützen das Emirat.

Eine Militärparade katarischer Soldaten
Katarisches Militär sicherte bisher die Grenze zwischen Dschibuti und Eritrea (Archivbild).Bild: picture-alliance/Photoshot

Die Vereinigten Arabischen Emirate drohten dagegen, die Isolation Katars könne Jahre dauern. Die arabischen Länder würden der Regierung in Doha in den kommenden Tagen eine Liste mit ihren Forderungen vorlegen, sagte der Staatsminister für Auswärtiges, Anwar Gargasch. Dabei soll es auch um die Ausweisung radikaler Islamisten gehen.

Doch die Regierung Eritreas hatte offenbar andere Gründe, die Beziehungen zu Katar abzubrechen. "Es hat nichts mit der Finanzierung von Terror zu tun", sagt Annette Weber, Nahost- und Afrika-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Die Finanzierung von jihadistischen Gruppierungen am Golf und am Horn von Afrika sei nicht an einem Land festzumachen. "Wir wissen, dass aus Katar Finanzierungen für Al-Kaida und den ISS laufen", so Weber. Aber auch aus Saudi Arabien und den Emiraten käme Geld für die Unterstützung islamistischer Terrornetzwerke. Aus Untersuchungsberichten der Vereinigten Nationen der letzten Jahre gehe hervor, das gerade Eritrea die Terrormiliz Al-Shabaab in Somalia viele Jahre unterstützt haben, sagt sie.

Eskalation im Grenzstreit droht

Der äthiopische Analyst Yusuf Yassien sieht in der Unterstützung von Terrornetzwerken durch Katar und dem Grenzkonflikt am Horn von Afrika keinen Zusammenhang. "Katar hatte mit Eritrea und Dschibuti gute Beziehungen. Jetzt fällt der Grenzstreit auf den Stand vor zehn Jahre zurück. Die Golfkrise kommt nun nach Afrika." Fremde Friedenstruppen könnten mehr Probleme in der Region schaffen.

Foto des UN-Sicherheitsrates bei einer Sitzung in UN-Hauptquartier in New York
Der UN-Sicherheitsrat rief beide Seiten zur Mäßigung auf (Archivbild)Bild: picture-alliance/Zumapress

Das bergige Grenzgebiet zwischen Eritrea und Dschibuti ist schon lange umstritten. 2008 flammte der Konflikt erneut auf. Damals überschritt Eritrea erstmals die Grenze zu Dschibuti. Mehrere hundert Soldaten wurden bei Kämpfen getötet. Katar vermittelte 2010 ein Friedensabkommen zwischen beiden Ländern. Seitdem waren die katarische Truppen in dem Gebiet stationiert.

Machtstreit um Handelswege

Mit dem Einmarsch in die unbewohnte Grenzzone und das Kap Ras Doumeira nordöstlich von Dschibuti wolle Eritrea die Sicherheit und Stabilität der Region unterstützen, sagte das eritreische Informationsministeriums. Grund sei aber schlicht ein Territorialstreit, erklärt SWP-Expertin Weber. Es gehe auch um geostrategische Interessen. Das Kap liegt am engsten Punkt des roten Meeres und die Handelswege sollen offen bleiben.

Die Kataris hätten bei den Vermittlungstätigkeiten wenig Unterstützung erfahren. Jetzt gipfelte offenbar die Frustration: "Ihr Rückzug ist eine Reaktion auf den Ausschluss aus dem Golf-Kooperationsrat wegen der Terror-Vorwürfe. Mit dem Wegfall der Vermittlungen Katars am Horn von Afrika, die auch im Sudan zu mehr Frieden führten, ist die Stabilität in der Region gefährdet", sagt Weber. Nun sei jedoch die AU gefragt, einen Flächenbrand zu verhindern.