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Politik

Die SPD hat "Ja" gesagt

4. März 2018

Zwei Drittel der Sozialdemokraten haben sich in einer Mitgliederbefragung für eine erneute große Koalition mit der Union ausgesprochen. Deutlich mehr als erwartet. Aus Berlin berichtet Sabine Kinkartz.

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Symbolbild Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums
Bild: Reuters/H. Hanschke

Erleichterung, Beifall, fröhliche Gesichter? Nichts davon war am Sonntagmorgen in der SPD-Zentrale in Berlin zu spüren, als endlich klar war, dass 66 Prozent und damit genau zwei Drittel der SPD-Mitglieder den Koalitionsvertrag mit der Union abgesegnet haben. Die Stimmung war spürbar gedämpft, was zum Teil sicherlich auf die durchwachte Nacht zurückzuführen war. 120 Freiwillige hatten die 378.437 eingesandten Stimmzettel seit Samstagabend ausgezählt.

Erschöpft standen viele von ihnen als Zuschauer in den oberen Etagen des Willy-Brandt-Hauses an den Brüstungen, als SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan an der Seite des kommissarischen SPD-Chefs Olaf Scholz um 9.38 Uhr das Ergebnis des Mitgliederentscheids bekannt gab. Den vielen wartenden Journalisten erzählte Nietan wenig Neues. Seit 9 Uhr schon hatten sich in den Medien Meldungen wie ein Lauffeuer verbreitet, dass die Abstimmung positiv ausgefallen sei. Andeutungen hatte auf Twitter auch das SPD-Vorstandsmitglied Ralf Stegner gemacht.

Deutschland Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums
Gut gefüllt: das Atrium des Willy-Brandt-Hauses am SonntagmorgenBild: Reuters/H. Hanschke

Keine Emotionen, nirgends

War die Stimmung im SPD-Haus auch deswegen so gedrückt? Weil hinter den Kulissen einmal mehr keine Disziplin geherrscht hatte? Oder wird der Partei erst jetzt, nach zermürbenden Monaten des innerparteilichen Streits klar, was nun vor ihr liegt? Ob es eine Anweisung der Parteiführung an die anwesenden SPD-Mitglieder gegeben habe, von Beifallsbekundungen im Willy-Brandt-Haus abzusehen, um die Gegner der "GroKo" nicht vor den Kopf zu stoßen, fragte ein Journalist Olaf Scholz. Der ließ die Frage unbeantwortet.

Ernst und in der ihm eigenen emotionslosen Art meinte er stattdessen, dass die SPD  durch die Diskussion der vergangenen Monate "weiter zusammengewachsen" sei. Das verschaffe ihr "jetzt die Kraft, die wir brauchen um als Partei in der Regierung voranzukommen und es gibt uns die Kraft für den Prozess der Erneuerung, den wir jetzt angestoßen haben."

Die Gegner sind enttäuscht

Ein Prozess, den die Jusos, wie die Jugendorganisation der SPD heißt, kritisch begleiten wollen. Ihr Vorsitzender, der entschiedene "GroKo"-Gegner Kevin Kühnert, ist über das Ergebnis der Mitgliederbefragung enttäuscht. "Aber selbstverständlich akzeptieren wir dieses Ergebnis", stellte er klar. Die Jusos wollen für eine sozialere SPD und für eine programmatische Neuausrichtung der Partei kämpfen. Sie wollten "die Garanten dieses Erneuerungsprozesses sein", so Kühnert und auch "der Regierung auf die Finger schauen".

Doch wie will die SPD ihre Zerrissenheit überwinden? Die große Koalition sei in der SPD in etwa "so beliebt wie Fußpilz" hatte SPD-Vorstand Ralf Stegner die Stimmung noch Ende vergangenen Jahres beschrieben. Daran hat sich wenig geändert. Viele in der Partei führen die Zwei-Drittel-Zustimmung im Mitgliederentscheid auf die Angst zurück, bei Neuwahlen noch schlechter abzuschneiden als bei der Bundestagswahl im September 2017, als die SPD mit 20,5 Prozent der Stimmen ihr schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte einfuhr.

CDU und CSU sind erleichtert

Als Olaf Scholz am Morgen das Mitgliedervotum kommentierte, hatte er die Bundeskanzlerin und den Bundespräsidenten bereits über das Ergebnis informiert. In der Union herrscht Erleichterung. "Ich freue mich über den positiven Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids und die damit verbundene Zustimmung zum Koalitionsvertrag", sagte die neue CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. "Das ist eine gute Entscheidung für die SPD und vor allem für unser Land." CSU-Chef Horst Seehofer gratulierte der SPD "zum erfolgreichen Mitgliederentscheid". "Das Ergebnis ist eine gute Grundlage für eine stabile Bundesregierung. Es gibt jetzt alle Chancen für die weitere Erneuerung Deutschlands und einen neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land."

Kritik kommt hingegen von Teilen der Opposition, insbesondere von der Linkspartei. "Ich bedauere den Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids", sagte Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Sie will die Gegner einer großen Koalition in der SPD für einen linken Aufbruch in Deutschland gewinnen. Es sei es ermutigend zu sehen gewesen, wie Teile der SPD in den vergangenen Wochen "tapfer" gegen die "Weiter-so-Politik" ihrer Führung gekämpft hätten. 

Am 14. März wird im Bundestag die Kanzlerin gewählt

Im Verlauf der Woche wollen Union und SPD Einzelheiten zur Regierungsbildung vereinbaren. Die Sozialdemokraten wollen ihre Minister bekannt geben. Die SPD kann das Finanzressort, das Außenamt und das Arbeits- und Sozialministerium besetzen. Es gilt als ausgemacht, dass Olaf Scholz Finanzminister werden soll, eventuell auch Vizekanzler. Spannend wird, wer Außenminister wird. Amtsinhaber und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel, der derzeit als beliebtester deutscher Politiker gilt, würde gerne auf seinem Posten bleiben. Doch ihm wird ein zerrüttetes Verhältnis zu Scholz und SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles nachgesagt.

Die CDU ist da schon weiter. Angela Merkel hat vor einer Woche ihr Personaltableau bekannt gegeben. In der nächsten Sitzungswoche des Bundestags, genau gesagt am 14. März, will sie sich zum vierten Mal seit 2005 zur Bundeskanzlerin wählen lassen - Unionsfraktionschef Volker Kauder bestätigte den Termin inzwischen in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".