Museumsdirektorin setzt Zeichen
19. Juli 2015Hilke Wagner, die Direktorin der Dresdner Kunstsammlungen, entschied kurzerhand, den leergeräumten Museumssaal, in dem bis letzte Woche noch großformatige Bilder des Malers Georg Baselitz (Foto) als Dauerleihgabe hingen, mit einem Gemälde von Thomas Bayrle zu füllen. Auf diesem Werk von 1998 fahren Spielzeugautos auf einem riesigen Euro-Zeichen im Kreis herum. Es trägt den beziehungsreichen Titel "Euro" und stand bislang im Depot des Dresdner Museums.
Ihre Aktion, genau dieses einzelne Bild dort aufzuhängen, wo bislang die Baselitz-Gemälde präsentiert wurden, sei "nicht als Provokation" gemeint, sondern als Kommentar zur geforderten Rückgabe der Dauerleihgaben durch den Künstler, sagte die Direktorin des Dresdner Museums Albertinum in einem Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Auswahl des Bildes sei allerdings auch ein Statement.
Widerstand gegen Gesetzenwurf
Aus Protest gegen das geplante Gesetz zum Schutz national relevanter Kulturgüter hatten in der vergangenen Woche namhafte deutsche Künstler dagegen protestiert, u.a. Georg Baselitz und Gerhard Richter (Foto). Baselitz hatte seine Dauerleihgaben – eine Skulptur und neun großformatige Gemälde – daraufhin als Protestnote gegen den Gesetzesentwurf von Kulturstaatsministerin Monika Grütters aus dem Museum in Dresden abgezogen.
Die Entscheidung von Baselitz sei als politisches Statement angekommen und habe das Museum "sehr getroffen", ergänzt die Kunsthistorikerin Wagner gegenüber epd. "Wir machen uns sorgen, dass es andere Künstler ebenso tun könnten." Für September kündigte die Museumschefin die Neukonzeption des Saales im Albertinum an. Ob dann die vier Arbeiten von Georg Baselitz aus dem eigenen Besitz der Dresdner Kunstsammlungen dort gezeigt werden, ließ Wagner noch offen.
Handlungsbedarf auf EU-Ebene
Kulturstaatsministerin Grütters (CDU) zeigt sich von der Heftigkeit des Protestes gegen den Gesetzentwurf aus ihrem Haus überrascht. "Um ehrlich zu sein – mit solch einem Furor habe ich nicht gerechnet, zumal Verbände, Fachkreise und Wissenschaft vom ersten Tag an in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden waren", sagt sie in einem dpa-Interview. Die Hauptschwierigkeit bestünde darin - angepasst an die innerhalb der in der EU gebräuchlichen Definitionen - festzulegen, was "nationales Kulturgut" für Deutschland sei, räumte die Ministerin ein. "Das Gesetz besteht seit 1955, aber anscheinend hat das 60 Jahre niemand gestört."
Grütters hält eine gesetzliche Reglung der Ausfuhr nationaler Kulturgüter - auch eingebunden in die derzeitige EU-Praxis - für unverzichtbar. Die Aktion von Baselitz sei aus ihrer Einschätzung überzogen: "Für den Abzug der Werke gibt es keinen realen Grund. Leihgaben sind von dem Gesetz nicht betroffen, wenn der Besitzer dies nicht wünscht", betont sie in dem Interview. Anfang der Woche werden die abgehängten Werke des berühmten Malers in Dresden bereits abgeholt.