Republik Moldau Finanzkrise
9. Juni 2015Premierminister Chiril Gaburici hat den moldauischen Politikern vorgeworfen, ihn alleine gelassen zu haben vor dem Hintergrund eines möglichen finanziellen Zusammenbruchs des Landes. Ohne ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds IWF sei es unmöglich, eine Staatspleite abzuwenden, erklärte Gaburici. Der IWF fordert vor der Unterzeichnung eines Abkommens die Abwicklung der drei moldauischen Banken ("Banca de Economii", "Banca Socială" und "Unibank" ), die in den Skandal um die verschwundene Milliarde Dollar (die DW berichtete) verwickelt sind. "Ohne das IWF-Abkommen droht uns eine Staatspleite. Wir müssen die Zahl aller Staatsbediensteten genau überprüfen", sagte Gaburici.
Keine politische Unterstützung für Gaburici
Eine IWF-Mission wird am 15. Juni in Chisnau erwartet, einen Tag nach den Lokalwahlen in der Republik Moldau. Mehrere Vertreter der Regierungsparteien haben die Schließung der drei genannten Banken bisher strikt abgelehnt. Premierminister Gaburici wies darauf hin, dass nicht nur diese Banken problematisch seien, sondern dass vor allem die flächendeckende Korruption und die allgemeine Krise größte Sorgen bereiteten. In einem offenen Brief an den moldauischen Staatspräsidenten und an das Parlament forderte Gaburici den sofortigen Rücktritt des Gouverneurs der Nationalbank und des Generalstaatsanwalts. Er wirft ihnen vor, im Bankenskandal "verdächtig und unverhältnismäßig" gehandelt zu haben. Sollten sie nicht innerhalb eines Monats zurücktreten, würde er, Gaburici, seinen Rücktritt einreichen.
Als Reaktion auf den offenen Brief hat Parlamentspräsident Andrian Candu dem Premierminister vorgeworfen, der Staatsführung öffentlich ein Ultimatum gestellt und dabei die institutionelle Kommunikation unterlaufen zu haben. Es sei verfassungswidrig, wenn ein Premierminister dem Staatschef und dem Parlamentspräsidenten ein Ultimatum stelle, sagte Candu.
Ihm sei keine andere Wahl geblieben, konterte Gaburici, um "Bewegung in die Sache" zu bringen und auf ein bestehendes Risiko bei einem möglichen Scheitern der Verhandlungen mit dem IWF hinzuweisen. "Bald sind Lokalwahlen, alle Politiker befinden sich im Wahlkampf. Ich stehe alleine da und versuche, das Treffen mit dem IWF vorzubereiten. Es gibt aber bisher weder Bewegung seitens der Staatsanwaltschaft, noch bei der Nationalbank", so Gaburici sichtlich verärgert.
Drei weitere Banken im Visier
Ștefan Creangă, Mitglied des Finanzausschusses im moldauischen Parlament, hat inzwischen die Nationalbank aufgefordert, alle Banken im Land zu überprüfen. Creangăs Verdacht richtet sich gegen "Moldindconbank", "Moldova-Agroindbank" und "Victoriabank" wegen unlauterer Machenschaften.
Nach Meinung von Finanzexperten aus Chisinau hätte ein Staatsbankrott nicht nur Entlassungen zur Folge und ausserdem dazu geführt, dass staatliche Gehälter und Renten ausgezahlt werden könnten. Auch die Umsetzung des Assoziierungsbakommens mit der EU, das letztes Jahr unterzeichnet wurde, sei gefährdet. Der ehemalige moldauische Finanzminister Mihai Manole erläuterte im DW-Gespräch, ein Staatsbankrott würde eine noch größere Verarmung der Bevölkerung hervorrufen. Auch die Absatzmärkte und der gesamte Handel würden davon betroffen sein. "Im September letzten Jahres haben wir das Assozierungsabkommen mit der EU ratifiziert", erinnert Manole. Laut Abkommen hat die Republik Moldau drei Jahre Zeit für Reformen, für die Anpassung der Gesetzgebung bezüglich des Bankwesens, des Finanzwesens allgemein. "Dies alles wird jetzt in Frage gestellt, sollten die Beziehungen zum IWF blockiert bleiben", sagte Manole.
Es wird erwartet, dass sich 2015 die Auslandsschulden der Republik Moldau auf 100 Prozent des BIP belaufen. Im Mai hatte der IWF die Wirtschaftsprognosen des Landes revidiert. Die Experten gehen davon aus, dass das geschätzte Wirtschaftswachstum von ursprünglich 3,5 Prozent um einen Prozentpunkt niedriger ausfallen wird. Die Staatsschulden werden laut IWF voraussichtlich um 52 Prozent steigen. Dies wäre der größte Anstieg in Mittel- und Südost-Europa und würde 48 Prozent des BIP betragen. Im letzten Jahr waren es 31,5 Prozent.
Der IWF hatte seine Beziehungen zur Republik Moldau vor zwei Jahren unterbrochen, weil die Regierung in Chisinau ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen war.