Uniper braucht mehr Staatshilfe
30. August 2022Der angeschlagene Energiekonzern Uniper muss immer neue Löcher stopfen und hat den Staat um weitere Hilfen gebeten. Neun Milliarden aus einer Kreditlinie der staatlichen Förderbank KfW hat Uniper bereits ausgereizt. Nun benötigt der Konzern weitere Kredite in in Höhe von vier Milliarden. Eine Erweiterung der Kreditlinie bei der staatlichen Förderbank KFW um diesen Betrag sei beantragt, so das Unternehmen.
Bisher kämen die Gelder aus der erst ab Oktober greifenden Gasumlage nicht bei dem Konzern an, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck im Radiosender Deutschlandfunk. "Das ist der Grund, warum Uniper jetzt schon wieder nicht mehr in der Lage ist, Gas einzukaufen", so der Grünen-Politiker.
Erst im Juli hatte der Bund ein 15 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für den größten deutschen Gasimporteur beschlossen.Dies sah neben den KfW-Milliarden auch den Einstieg des Staates mit rund 30 Prozent vor. Die Details müssen der Bund und Uniper unter anderem noch mit dem finnischen Mutterkonzern Fortum klären.
100 Millionen Euro Verlust am Tag
Der Versorger ist unter anderem durch die Gaslieferkürzungen Russlands in Schieflage geraten. Uniper muss für die ausgefallenen Gaslieferungen kurzfristig teuren Ersatz am Spotmarkt einkaufen, um seinen Kunden gerecht zu werden.
Seit dem 14. Juni erhalte Uniper nur einen Teil der vertraglichen Gasliefermengen aus Russland, erklärte das Unternehmen Die Minderlieferungen belaufen sich mittlerweile auf 80 Prozent. Durch die hohen Preise für Ersatz fahre der Konzern täglich Verluste von deutlich über 100 Millionen Euro am Tag ein. "Uniper trägt die anfallenden Verluste nahezu allein seit Beginn der Lieferkürzungen im Juni dieses Jahres", sagte Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach. "Wir sprechen Stand Mitte August von insgesamt über fünf Milliarden Euro - und seitdem weiter anwachsend."
Der Konzern arbeite mit der Bundesregierung mit Hochdruck an der dauerhaften Lösung für diese Notlage, weil Uniper sonst seine systemkritische Funktion für Deutschland und Europa nicht weiter erfüllen könne. Uniper versorgt hunderte von Stadtwerken in Deutschland mit Gas.
Österreichs größtem regionalen Energieversorger geht es ähnlich wie Uniper. Wien Energie braucht wegen der Strom- und Gaskrise staatliche Unterstützung in Milliardenhöhe. Das Unternehmen, das im Eigentum der Stadt Wien steht, versorgt insgesamt zwei Millionen Privathaushalte und 230.000 Unternehmen im Großraum Wien. Wie viel Geld nun tatsächlich benötigt wird, ist noch nicht ganz klar. Laut Angaben des Finanzministeriums könne sich der kurzfristige Bedarf auf zwei Milliarden und der langfristige Bedarf auf sechs Milliarden Euro belaufen.
Russland drosselt Gas nach Frankreich
Währenddessen nimmt der Druck Russlands auch auf andere Europäische Länder weiter zu. So hat derrussische Gaskonzern Gazprom seine Gaslieferungen nach Frankreich weiter reduziert. Wie der Energiekonzern Engie mitteilte, habe Gazprom dem Unternehmen mitgeteilt, die Lieferungen würden mit sofortiger Wirkung gekürzt. Grund sei eine "Meinungsverschiedenheit über die Anwendung von Verträgen".
Gazprom hatte seine Lieferungen an Engie bereits seit Beginn des Ukraine-Kriegs stark reduziert. Engie erhielt bis zur neuen Kürzung eigenen Angaben zufolge 1,5 Terawattstunden Gas pro Monat. Ende Juli waren das rund vier Prozent der Menge, die Engie jeden Monat bezieht. Frankreichs Energieversorgung leidet derzeit auch wegen der Hitze unter dem Ausfall mehrerer Atomkraftwerke.
Nach Deutschland liefert Gazprom durch die Pipeline Nord Stream 1 aktuell rund 20 Prozent der möglichen Menge. Am Mittwoch will der russische Konzern die Lieferung wegen Wartungsarbeiten komplett stoppen. Sie sollen nach Angaben von Gazprom drei Tage dauern.
Deutsche Speicher füllen sich weiter
Die Gasspeicherbetreiber rechnen damit, dass trotz der bevorstehenden Lieferunterbrechung weiterhin Erdgas in Deutschland eingespeichert werden kann. Gegebenenfalls werde die Einspeicherung in leicht reduzierten Umfang vorgenommen, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes Initiative Energien Speichern (INES), Sebastian Bleschke. Derzeit werde täglich ein Mehrfaches der Menge eingespeichert, die über die Ostseepipeline nach Deutschland importiert werde, betonte er.
Die deutschen Speicher sind mittlerweile zu rund 83 Prozent gefüllt.Eine neue Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. Oktober zu mindestens 85 Prozent und am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein sollen. "Das Füllstandsziel von 95 Prozent ist sicherlich herausfordernd. Bei einem kompletten Ausfall von Nord Stream wäre es noch ein bisschen schwerer, das zu erreichen", so Bleschke weiter.
Die Bundesregierung will mit verschiedenen Maßnahmen erreichen, dass die Gasspeicher in Deutschland zu Beginn der Heizperiode fast voll sind. Deutschland soll damit im Winter besser gegen einen Totalausfall russischer Lieferungen gewappnet sein. Die bei einem Füllstand von 95 Prozent gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch der beiden Monate Januar und Februar 2022.
Nm/Bea (dpa, rtr, afp)