EU-Behörde prüft Vorwürfe gegen Schulz
23. Februar 2017Für Martin Schulz, der sich momentan im Umfragehoch befindet, ist die Sache denkbar unangenehm. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung will Hinweise prüfen, nach denen es im Europaparlament unter dem heutigen SPD-Kanzlerkandidaten zu fragwürdigen Beförderungen und Prämienzahlungen kam.
Schulz will im Wahlkampf gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem Thema Gerechtigkeit punkten. Nun muss sich der 61-Jährige fragen lassen, ob es gerecht ist, dass mindestens ein Mitarbeiter von ihm steuerfreie Zulagen im Höhe von bis 2200 Euro pro Monat kassierte, während andere im Schnitt nur 500 Euro bekamen.
"Dauerdienstreise" an den eigenen Wohnort
Ein anderer Fall betrifft den Schulz-Vertrauten Markus Engels. Der Deutsche war 2012 auf Dauerdienstreise nach Berlin geschickt worden, obwohl er bereits zuvor in der deutschen Hauptstadt seinen Lebensmittelpunkt hatte. Für Engels bedeutete diese Vertragskonstruktion, dass er von einer 16-prozentigen Auslandszulage und zumindest zeitweise von Tagegeldern profitieren konnte.
EU-Parlamentsverwaltung sieht keine Verstöße
Das EU-Amt für Betrugsbekämpfung will dies dahingehend analysieren, "ob es einen hinreichenden Verdacht auf Betrug, Korruption oder irgendeine illegale Aktivität" gebe, die die finanziellen Interessen der EU betreffe, sagte eine Sprecherin. Erst dann werde entschieden, ob ein offizielles Ermittlungsverfahren eröffnet wird. Die derzeitige Parlamentsverwaltung sieht nach eigenen Angaben keine Rechtsverstöße des früheren Präsidenten. An diese Sicht ist die unabhängige EU-Behörde allerdings nicht gebunden.
Schulz schweigt zu Vorwürfen
Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments geht den Vorwürfen ebenfalls nach. "Hier wurden von Anfang an Regeln missbräuchlich und zu Lasten des Steuerzahlers ausgelegt", kommentiert die Ausschuss-Vorsitzende, Inge Gräßle (CDU). Der Ausschuss hat einen umfangreichen Fragenkatalog an die Parlamentsverwaltung geschickt, der bis zum 3. März beantwortet werden soll.
Schulz selbst will sich bislang nicht zu den Vorwürfen äußern. Er war von 2012 bis Anfang 2017 Präsident der EU-Volksvertreter. Ende Januar kürte ihn die SPD zum Kanzlerkandidaten.
uh/ww (dpa, afp)