Oettinger verteidigt Blitzbeförderung Selmayrs
27. März 2018Die Debatte um die Beförderung von Martin Selmayr zum Generalsekretär der EU-Kommission reißt nicht ab. Nachdem die Kommission am Sonntag einen Bericht vorgelegt hatte, in dem sie die Rechtmäßigkeit der Ernennung Selmayrs verteidigt, beschäftigt die Blitzernennung des Deutschen zum höchsten Beamten der EU-Kommission im Europaparlament nun dessen Haushaltskontrollausschuss.
EU-Kommission: Alle Regeln wurden eingehalten
EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger verteidigte vor dem Gremium die umstrittene Berufung. Selmayr habe alle nötigen Qualifikationen für das Amt des Generalsekretärs der Kommission, sagte Oettinger. Auch an der Art der Berufung gebe es nach den einschlägigen Regeln nichts zu beanstanden, fügte der für Personal zuständige Kommissar hinzu: "Wir sind auch nach mehrmaliger, nochmaliger Prüfung von der Ordnungsmäßigkeit und Rechtmäßigkeit des Verfahrens und des Verfahrensergebnisses überzeugt."
EU-Abgeordnete hatten der Kommission mehr als 130 schriftliche Fragen unterbreitet. Darauf übermittelte die Behörde am Wochenende eine 80-seitige Stellungnahme, in der sie versicherte, dass alle Regeln eingehalten wurden.
Selmayr - binnen weniger Minuten zwei Mal befördert
Selmayr war Kabinettschef des konservativen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und wurde Ende Februar zum Generalsekretär der Kommission berufen. Er gilt als einer der engsten Vertrauten Junckers und steht der CDU nahe. Besonders im EU-Parlament waren die Personalentscheidung und die Umstände ihrer Durchsetzung auf Kritik gestoßen.
EU-Kreisen zufolge wurde Selmayr binnen weniger Minuten zwei Mal befördert. Mit Unterstützung von Juncker rückte der deutsche Beamte so auf den Spitzenposten der EU-Kommission mit ihren 32.000 Mitarbeitern. Besonders Juncker war wegen der Blitzbeförderung seines Vertrauten in die Kritik geraten. Vergangene Woche hatte er fehlende Unterstützung für seine Personalentscheidung beklagt und mit Rücktritt gedroht.
Die Grünen-Fraktion hatte sogar gefordert, die Entlastung der EU-Kommission für das Haushaltsjahr 2016 an die Aufklärung des Falls zu knüpfen. Der Vorschlag scheiterte allerdings an der fehlenden Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion.
Zu viele Deutsche auf EU-Spitzenposten?
Hinter den Kulissen gibt es in Brüssel aber nicht nur über die Personalie Selmayr Unmut. Immer häufiger wird beklagt, dass übermäßig viele EU-Spitzenposten in deutscher Hand seien: Das EU-Parlament und der Auswärtige Dienst haben deutsche Generalsekretäre. Außerdem werden Finanzinstitutionen wie der Europäische Rechnungshof, die Europäische Investitionsbank und der Europäische Stabilitätsmechanismus von Deutschen geführt. Hinzu kommt, dass vier von sieben Fraktionschefs im Europaparlament Deutsche sind.
Wenn man das alles zusammenrechne, entstehe der Eindruck, die Deutschen dominierten "den europäischen Verein", sagte der Luxemburger Europapolitiker Frank Engel, der wie Juncker und Oettinger der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) angehört. Dieser Eindruck wirke sich negativ auf das Image der EU aus, warnte Engel.
cw/jj (afp, dpa)