EU und Kanada halten an CETA fest
22. Oktober 2016Die EU und Kanada halten weiter an ihrem Vorhaben fest, das CETA-Abkommen kommende Woche zu unterzeichnen. Nach einem Krisentreffen mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland in Brüssel sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz laut der belgischen Nachrichtenagentur Belga, der kommende Donnerstag bleibe als Termin zur Unterzeichnung des CETA-Abkommens auf der Agenda. "Die Probleme liegen auf dem Tisch der Europäer und wir müssen versuchen, sie zu regeln", erklärte Schulz. Sein Treffen mit Freeland sei "sehr konstruktiv" und "vielleicht entscheidend" gewesen. "Ich bleibe optimistisch", fügte der EU-Parlamentspräsident hinzu.
"Wir haben unseren Job gemacht, jetzt ist es an der EU, ihren zu machen", sagte Freeland. "Ich hoffe, dass ich in einigen Tagen mit meinem Premierminister zurückkehren kann, um das Abkommen wie geplant am 27. Oktober zu unterzeichnen."
Am Vortag hatte Freeland noch verkündet, keine Chance mehr auf eine Unterzeichnung zu sehen. Grund war ein Veto der belgischen Region Wallonie gegen das Abkommen: Das wallonische Regionalparlament hatte vor einer Woche mit deutlicher Mehrheit gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada gestimmt. Dadurch kann Belgien der Unterzeichnung von CETA vorerst nicht zustimmen. Da eine einstimmige Zustimmung aller EU-Staaten erforderlich ist, liegt das gesamte Abkommen damit auf Eis. Dessen Ziel ist der Abbau von Zöllen und Handelshemnissen. Kritiker fürchten, dass europäische Sozial-, Rechts- und Umweltstandards ausgehöhlt werden.
"Die Uhr anhalten"
Im Anschluss an das Treffen mit Freeland traf Schulz den wallonischen Regierungschef Paul Magnette. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir eine Lösung finden", sagte Schulz nach dem Gespräch. Es werde noch etwas Zeit benötigt, sagte Magnette.
Nach Angaben seines Ministeriums konnte Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vergangene Nacht Freeland dazu bewegen, nicht nach Kanada zurückzureisen, sondern Schulz zu treffen. Dessen Ziel sei es gewesen, sozusagen "die Uhr anzuhalten".
Gabriel warnte eindringlich vor einem Scheitern von CETA: "Es ist ein innereuropäisches und ein innerbelgisches Problem und kein Problem Kanadas. CETA ist ein exzellentes Abkommen und es darf nicht an der Unfähigkeit Europas scheitern, einen regionalen Interessenausgleich zu finden."
Der SPD-Vorsitzende schätze die Chancen gut ein, noch weiter zu verhandeln, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Notfalls müsse der EU-Kanada-Gipfel eben verschoben werden. Auf dem Treffen in der kommenden Woche soll der Handelspakt eigentlich unterzeichnet werden.
Gabriel und Schulz wollen nach Ministeriumsangaben nach einer Lösung mit der Wallonie suchen. Niemand könne wollen, dass am Ende Europa auch noch in der Handelspolitik handlungsunfähig werde. Der Zustand Europas sei ohnehin schwierig genug, und der internationale Reputationsschaden beim Scheitern von CETA wäre riesig.Führende Vertreter der deutschen Wirtschaft befürchten im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen immense Schäden. CETA-Gegner reagierten dagegen erleichtert.
Fassungslosigkeit auf dem Gipfel
Teilnehmer des EU-Gipfels in Brüssel hatten am Freitag mit einer gewissen Fassungslosigkeit verfolgt, wie die kleine Region Wallonien mit 3,6 Millionen Einwohnern das Abkommen zwischen Kanada und der EU mit ihren mehr als 500 Millionen Bewohnern blockiert. Die Wallonie verlangt weiterreichende Garantien zum Schutz ihrer Bauern und als Schutz gegen einen übermäßigen Einfluss internationaler Konzerne.
Nach Angaben eines Europaabgeordneten gibt es Überlegungen, dass der kanadische Premierminister Justin Trudeau am Mittwoch vor dem Europaparlament in Straßburg eine Rede hält, um noch einmal eindringlich für CETA zu werben.
stu/wl (afp, dpa)