Dänemarks EM-Reise geht weiter
3. Juli 2021"Ich bin so stolz und es ist hervorragend, wie die Mannschaft arbeitet und alles gibt auf dem Platz", freute sich Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand am ARD-Mikrofon darüber, dass die Achterbahnfahrt der Gefühle bei dieser Fußball-Europameisterschaft für Dänemarks Nationalmannschaft weitergeht: Im Viertelfinale hatte sein Team gerade gegen Tschechien mit 2:1 (2:0) gewonnen. "Ich bin aber auch auf die Dänen stolz", fuhr Hjulmand fort. "Wir haben viel Liebe erfahren. Das ist ein Supermoment."
Mit einem "Supermoment" war aus seiner Sicht auch die Partie vor 19.000 Zuschauern im Olympiastadion von Baku losgegangen. Dänemark erwischte einen Traumstart: Nach einer frühen Ecke stand Thomas Delaney von Borussia Dortmund ganz frei und köpfte aus etwa zehn Metern zum 1:0 ein (5. Minute). Ein schönes Tor, allerdings hätte es die Ecke gar nicht geben dürfen, da mit Kasper Dolberg ein Däne zuletzt am Ball war.
Das zweite Tor der Dänen - diesmal regulär - fiel kurz vor der Pause. Eine perfekt getimte Außenrist-Flanke aus vollem Lauf von Joakim Maehle landete genau auf dem Fuß von Dolberg, der aus fünf Metern volley vollendete (42.). Trotz der Fehlentscheidung vor dem ersten Treffer war es eine verdiente Führung für die Dänen.
Schicks fünfter Turniertreffer reicht nicht
Mit dem Anpfiff der zweiten Hälfte brachte Tschechiens Trainer Jaroslav Silhavy mit Stürmer Michal Krmencik und Mittelfeldspieler Jakub Jankto zwei frische Spieler, die gleich für Belebung sorgten. Die Tschechen zogen vom Wiederanpfiff weg ein regelrechtes Powerplay auf und hatten mehrere gute Chancen. Der vierte Torschuss innerhalb von drei Minuten war dann drin: Bundesliga-Stürmer Patrik Schick von Bayer 04 Leverkusen erzielte sein fünftes Tor bei dieser EM (48.). Der 25-Jährige zog damit mit Cristiano Ronaldo gleich.
Dänemarks Coach Kasper Hjulmand reagierte prompt, dirigierte seine Mannschaft etwas weiter nach vorne und schaffte es so, wieder die Kontrolle im Spiel zu übernehmen. "Wir waren zu passiv. Da musste ich ein bisschen stabilisieren", gab er später zu, machte seinen Spielern aber keinen Vorwurf. "Vielleicht waren wir ein bisschen müde. Aber die Jungs haben alles gegeben." Zudem wechselte Hjulmand nach einer knappen Stunde den Leipziger Angreifer Yussuf Poulsen ein, der mit einigen Kontern immer wieder für Entlastung und Gefahr vor dem tschechischen Tor sorgte. Den Tschechen gelang in der Folge kaum noch etwas nach vorne.
Nur einmal hätte es gefährlich werden können: In der 84. Spielminute brachte Dänemarks Kapitän Simon Kjaer den Tschechen Matej Vydra kurz vor der eigenen Strafraumgrenze zu Fall. Doch statt auf Freistoß für Tschechien zu entscheiden, ließ der niederländische Schiedsrichter Björn Kuipers weiterspielen - trotz vehementer Proteste der Tschechen. So endete die Partie mit 2:1 für Dänemark.
Auf und ab für Dänemark
Für die Dänen entwickelt sich die EM nach anfänglichem Horrorszenario doch noch zur Erfolgsgeschichte: Im ersten Turnierspiel der Dänen gegen Finnland war ihr Spielmacher Christian Eriksen mit einem Herzstillstand zusammengebrochen und erfolgreich wiederbelebt worden. Das Team war zunächst geschockt, verlor neben der fortgesetzten Auftaktpartie gegen die Finnen auch das zweite EM-Spiel gegen Belgien und stand vor dem frühen Aus. Erst mit einem 4:1-Sieg gegen Russland rettete man sich im letzten Vorrundenspiel vor begeistertem eigenem Publikum in Kopenhagen in die K.o.-Runde. Im Achtelfinale gegen Wales ritten die Dänen dann auf der Euphoriewelle und gewannen klar mit 4:0.
"So ist es manchmal in Spielen", sagte Hjulmand. "Zuletzt haben wir 4:0 und 4:1 gewonnen, mit viel Ballbesitz und vielen Angriffen. Heute haben wir es in der Abwehr gut gemacht und hatten mit Kasper Schmeichel einen guten Torwart." Gegner im Halbfinale von London am Mittwoch ist nun England nach dessen überzeugendem Sieg gegen die Ukraine. Ob die dänische Achterbahnfahrt dann noch weiter nach oben geht? Zuvor hatte sich im Viertelfinale Italien gegen Belgien durchgesetzt und Spanien im Elfmeterschießen gegen die Schweiz gewonnen. Die beiden treffen im ersten Halbfinale am Dienstag aufeinander. Spielort ist ebenfalls das Londoner Wembley-Stadion.
Zwischenfall mit Regenbogenfahne
Vor dem Anpfiff sorgte ein Zwischenfall auf der Tribüne für Aufsehen und Reaktionen in den sozialen Medien. Auf Fotos war zu sehen, wie zwei Ordner mit dänischen Fans diskutierten, die eine kleine Regenbogenfahne mit ins Olympiastadion gebracht hatten. Es sieht so aus, als würden die Ordner die Fahnen konfiszieren. Die UEFA teilte am Samstagabend auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass der Vorfall untersucht werde. Weder die Ordner in Baku noch in anderen EM-Stadien seien angewiesen worden, Regenbogenflaggen zu entfernen. Die Flagge sei dem dänischen Fan zurückgegeben worden.
Offenbar hatte der Verband zunächst die Information erhalten zu haben, dass der dänische Anhänger "stark betrunken" gewesen sei und Ärger mit lokalen Fans gehabt habe. "Natürlich werden wir uns mit dem UEFA-Delegierten, dem UEFA-Sicherheitsbeauftragten und den lokalen Behörden in Verbindung setzen, um das zu klären", hieß es.