Fünf Oppositionelle in Nicaragua inhaftiert
14. Juni 2021Fünf Monate vor der Präsidentenwahl hat die Polizei in Nicaragua fünf Oppositionspolitiker festgenommen, darunter führende Mitglieder der Partei "Unión Democrática Renovadora" (Unamos). Dabei handelt es sich nach ihren Angaben um die Unamos-Präsidentin Suyen Barahona, den Vizepräsidenten und General im Ruhestand, Hugo Torres, sowie die Ex-Guerilla-Kämpferin Dora María Téllez und Ana Margarita Vijil. Bereits am Samstag war Tamara Dávila festgesetzt worden.
Kurz zuvor hatte der 73-jährige Torres ein Video veröffentlicht, in dem er Ortega beschuldigt, eine "zweite Diktatur" errichten zu wollen und die Werte zu verraten, für die er einst eintrat. "Das sind Verzweiflungstaten eines Regimes, das merkt, dass seine Zeit abgelaufen ist", sagte er. Torres und Ortega hatten in den späten 1970er-Jahren gemeinsam gegen den rechtsgerichteten Diktator Anastasio Somoza gekämpft.
Bruch mit Weggefährten
Auch die Inhaftierung von Téllez macht nun den tiefen Bruch Ortegas mit seinen einstigen Mitstreitern bei den Sandinisten-Rebellen deutlich. Sie hatte 1978 einen Angriff auf den Nationalpalast angeführt und Abgeordnete unter Machthaber Somoza in Geiselhaft genommen, um inhaftierte Sandinisten freizupressen. Sie war Gesundheitsministerin in der ersten Sandinisten-Regierung nach dem Sturz Somozas unter Ortega. Wie so viele frühere Guerillakämpfer distanzierte sie sich später von ihm.
Gegen die Festgenommenen laufen Ermittlungen wegen "Handlungen, die die Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung untergraben". Ihnen wird zudem die Planung terroristischer Aktionen mit Finanzierung durch ausländische Mächte vorgeworfen. Unter den gleichen Anschuldigungen waren in den vergangenen Tagen bereits die Präsidentschaftskandidaten Arturo Cruz, Félix Maradiaga und Juan Chamorro festgenommen wurden. Eine vierte Bewerberin, Cristiana Chamorro, war am 2. Juni unter Hausarrest gestellt worden.
Die Unamos, früher bekannt als die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS), besteht größtenteils aus Dissidenten, die sich von der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront (FSLN) von Präsident Ortega abspalteten, weil sie mit seiner Führung nicht einverstanden waren. Es wird erwartet, dass der 75-Jährige bei der Präsidentenwahl für eine vierte Amtszeit antritt.
Mit Gesetzeskraft gegen Widersacher
Im Dezember hatte das von Ortegas Partei dominierte Parlament ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das den Ausschluss von Oppositionskandidaten von den Wahlen ermöglicht. Das Gesetz sieht vor, dass alle, die einen Staatsstreich oder "terroristische" Akte planen, nicht kandidieren dürfen. Eine Kandidatur soll zudem allen Politikern verboten werden, die zu ausländischer Einmischung in die nicaraguanische Politik und Sanktionen gegen das Land aufrufen.
Ortega, ein früherer Kommandeur der sandinistischen Guerilla, war nach einem Volksaufstand gegen den Diktator Anastasio Somoza von 1979 bis zu seiner Abwahl 1990 Staatspräsident. Nach drei Wahlniederlagen kehrte er 2007 wieder in das höchste Staatsamt zurück und wurde 2011 wiedergewählt. Kritiker werfen ihm vor, zunehmend autoritär und repressiv zu regieren und Gerichte und Regierungsstellen mit eigenen Anhängern zu besetzen. 2014 verabschiedeten seine Sandinisten eine Verfassungsreform, die das Verbot der direkten Wiederwahl des Präsidenten aufhob. Die Europäische Union und die USA haben Ortega und seine Regierung bereits mit Sanktionen belegt.
kle/wa (afp, dpa, rtr)