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Freispruch im Organspende Skandal

6. Mai 2015

Im Prozess um den Organspende-Skandal an der Uniklinik Göttingen ist der angeklagte Arzt freigesprochen worden. Das Gericht sah die Vorwürfe gegen den früheren Leiter der Transplantationsmedizin als nicht erwiesen an.

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Der freigesprochene Arzt und sein anwalt (r.) im Göttinger Landgericht (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pförtner

Der 47-jährige Professor (im Artikelbild verpixelt, mit seinem Anwalt) war wegen versuchten Totschlags in elf Fällen und Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft und ein lebenslanges Berufsverbot für den Chirurgen gefordert, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Freispruch erster Klasse

Das Landgericht Göttingen sprach den Angeklagten in allen Punkten frei und hob den gegen ihn verhängten Haftbefehl auf. Es sei nicht erwiesen, dass falsche Angaben gegenüber der Organvergabestelle Eurotransplant andere Patienten das Leben gekostet hätten, befand der Gericht. Die Manipulationen des Arztes seien zwar "moralisch zu missbilligen", betonte der Vorsitzende Richter Ralf Günther. Es gebe aber "keine Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten".

Drei Patienten seien zwar nach einer Lebertransplantation verstorben, dennoch sei in allen drei Fällen die Transplantation eine vertretbare Behandlung gewesen, so Günther weiter.

Die Staatsanwaltschaft hatte in diesen drei Fällen auf Körperverletzung mit Todesfolge plädiert. Die Ankläger vertraten die Auffassung, dass die Transplantationen nicht erforderlich waren und zudem die Patienten nicht ausreichend über Risiken und mögliche Alternativen aufgeklärt wurden.

In elf sogenannten Manipulationsfällen hatte die Staatsanwaltschaft dem Arzt außerdem versuchten Totschlag vorgeworfen. Durch falsche Angaben gegenüber Eurotransplant sollen eigene Patienten des Mediziners bevorzugt mit Spenderlebern versorgt worden sein. Dadurch habe der Angeklagte anderen Patienten auf der Eurotransplant-Warteliste Organe vorenthalten und so wissentlich ihren möglichen Tod in Kauf genommen.

Juristisches Neuland

Mit der Anklage hatte die Staatsanwaltschaft juristisches Neuland betreten: Es war das erste Mal, dass einem Arzt im Zusammenhang mit der Aufarbeitung des Organspendeskandals ein Tötungsdelikt vorgeworfen wurde. Konkrete Personen, die wegen des Handelns des Arztes gestorben sein könnten, nannte sie nicht.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig kündigte Berufung an. Gegen die Entscheidung des Gerichts würden Rechtsmittel eingelegt, erklärte eine Sprecherin der Anklagebehörde.

Die Vorfälle in Göttingen hatten zu einem erheblichen Rückgang der Organspendenbereitschaft in Deutschland geführt. Als Reaktion hat der Gesetzgeber inzwischen eine Strafnorm in das Transplantationsgesetz eingefügt. Für Falschmeldungen an Eurotransplant droht danach nun eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.

wl/fab (dpa, afp)