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Künstliche Organe

Gudrun Heise6. Mai 2015

Künstliche Niere oder künstliche Leber? Wäre das schon möglich, hätte es den Organspende-Skandal in Göttingen wohl nicht gegeben. Ein Arzt hatte das Organspende-Verfahren manipuliert - und wurde freigesprochen.

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Organspende (Foto: dpa).
Bild: picture-alliance/dpa

Nieren werden am häufigsten transplantiert - und sie sind Mangelware. Aber auch andere Organe sind knapp. Weltweit wird daran geforscht, wie Organe künstlich hergestellt werden können. Ein Beispiel gibt es an der Harvard Medical School. Dort hat Harald Ott schon vor etwa sieben Jahren mit seiner Forschungsarbeit Aufmerksamkeit erregt. In seinem eigenen Labor baute er in einem Bioreaktor zunächst Rattenherzen nach und schaffte es, sie wieder zum Schlagen zu bringen. Zwei Jahre später experimentierte der gebürtige Österreicher damit, eine künstliche Leber zu produzieren. Er transplantierte sie in Ratten. Das Organ funktionierte fast zwei Wochen lang. Ein weiterer Forschungserfolg gelang Ott vor rund zwei Jahren, als er daran forschte, wie eine künstliche Niere geschaffen werden könnte.

Auf Herz und Nieren geprüft

Als Versuchstiere dienten auch hierbei wieder Ratten. Zunächst legte Ott das reine Zellgerüst einer Niere frei, inklusive des Sammelbeckens für Urin und den Harnleiter. Das nackte Gerüst wurde dann im Bioreaktor mit frischen Zellen besiedelt. Knapp zwei Wochen dauerte es, bis im Bioreaktor eine funktionstüchtige Niere herangewachsen war. Die wurde dann dem Tier implantiert. Die eigentliche Struktur des Organs bleibt dabei erhalten und kann mit dem Blutkreislauf verbunden werden. Ist das erfolgreich verlaufen, beginnt die Niere zu arbeiten.

Die Kunstniere, die Ott hergestellt hatte, zeigte normale Nierenfunktionen und schied sogar Urin ab. Das Kunstorgan arbeitete aber nicht in vollem Umfang. Im Labor kamen die Kunstnieren auf eine Leistung von etwas über 20 Prozent, nach der Transplantation schwankte die Funktionstüchtigkeit zwischen fünf und zehn Prozent.

Versuchsratten in einem Glasbehälter (Foto: Farbwerke Höchst in Frankfurt am Main - undatierte Aufnahme).
Die ersten Versuche wurden an Ratten durchgeführtBild: dpa

Organe auf Bestellung

Auch wenn die Kunstniere erst einmal nur auf Sparflamme arbeitet, ist dieses Forschungsergebnis nach Meinung vieler Wissenschaftler ein erster Schritt in die richtige Richtung, zumal die Kunstniere nicht unbedingt zu 100 Prozent funktionieren muss, um etwa einem Dialysepatienten helfen zu können.

Herzen und Lungen haben die Forscher bereits in Experimenten mit humanen Stammzellen besiedelt. Das gleiche soll nun auch mit Nieren gemacht werden. Da sich gezeigt hat, dass es offenbar keine Abstoßungsreaktionen beim Implantieren der Zellgerüste gibt, würden Patienten nicht mehr lebenslang Medikamente nehmen müssen, die bei einer normalen Transplantation gegeben werden. Diese sogenannten Immunsuppressiva unterdrücken das Immunsystem und machen den Organempfänger aber damit auch anfällig für Infektionen.

Irgendwann könnte also vielleicht aus körpereigenen Zellen eines Patienten ein neues Organ gezüchtet werden. Das wäre eine mehr als gute Nachricht für all diejenigen, die ein Transplantat benötigen. Noch aber ist das reine Zukunftsmusik. Experten schätzen, dass es noch etwa 20 Jahre dauern wird, bis aus dieser Vision Realität geworden ist. Bis dahin werden also nach wie vor dringend Spenderorgane benötigt. Allein in Deutschland warten zurzeit rund 8000 Menschen auf eine Spenderniere, viele weitere beispielsweise auf eine Lunge oder eine Leber.