Froomes Comeback hinterlässt viele Fragen
14. Februar 2018Auf Platz 57, gut versteckt im Hauptfeld rollte Chris Froome über die Ziellinie. Nach 197,6 Kilometern von Mijas nach Granada endete Froomes erster Arbeitstag im Jahr 2018 mit einem unauffälligen Ergebnis bei der Andalusien-Rundfahrt. Das ist auf einer Etappe mit Sprint-Ankunft keine große Überraschung und dennoch dürfte es dem Tour- und Vuelta-Sieger des Vorjahres so ganz recht sein.
Denn über seinem Start in der Sonne Südspaniens lastet ein Verdacht: Hat Chris Froome gedopt und sich so regelwidrig den Sieg bei der Spanienrundfahrt 2017 geholt? Seit Ende des Jahres ist sein Fall publik - aber bei weitem nicht aufgeklärt. Der Sky-Kapitän war am 7. September 2017, wenige Tage vor seinem ersten Gesamtsieg bei der Spanien-Rundfahrt, mit Rückständen des Asthmamittels Salbutamol im Urin aufgefallen. 1000 Nanogramm pro Milliliter Urin sind erlaubt, Froomes Probe wies das Doppelte auf. Publik machte die UCI das Testergebnis allerdings aber erst am 13. Dezember, nachdem mehrere Medien darüber berichtet hatten. Möglicherweise ein Skandal im Skandal. Froome droht eine Sperre von bis zu zwei Jahren sowie die Aberkennung seines Vuelta-Sieges. Doch vorerst fährt er weiter als sei nichts geschehen.
"Das kann ja nicht so schwer sein"
Bei seinem ersten Start in dieser Rad-Saison in Mijas bildete sich eine große Reportertraube um den wohl besten Rundfahrer seiner Generation. Doch viel Konkretes ließ sich Froome nicht entlocken, wohl auch, weil es in seinem vertrackten Fall nun um juristische Spitzfindigkeiten geht. Während die Fans in Spanien Froome überwiegend freundlich begrüßten, forderte UCI-Präsident David Lappartient den britischen Topstar auf, vorerst nicht an den Start zu gehen, dokumentierte mit dieser Bitte aber nur seine eigene Machtlosigkeit. Einige Profi-Kollegen legten Froome ähnliches nahe. Der deutsche Klassikerjäger John Degenkolb richtet den Fokus auch auf das merkwürdig langsame Verfahren: "Für mich ist es nicht schlüssig, warum es immer noch keine offizielle Entscheidung gibt. Ob er nun gesperrt wird oder nicht, aber es muss einfach klar geregelt sein - das kann ja nicht so schwer sein", sagte Degenkolb. Nach dem der Radsport zuletzt wieder im Aufwind fuhr, sorgen sich einige Profikollegen nun um die gerade wieder erarbeitete Reputation. Bei vielen Fans sorgte der Fall Froome für eine Bestätigung des irgendwie Erwarteten - der Schaden scheint bereits angerichtet.
Froome selbst gibt sich weiter unschuldig: "Ich weiß, dass ich nichts Falsches getan habe, das ist mein Ausgangspunkt". Eine schlüssige Erklärung, warum er bei der Vuelta einen deutlich erhöhten Salbutamol-Wert aufwies, hat er jedoch nicht. Auch weil es seiner Verteidigungsstrategie an Substanz fehlt, könnte bald eine Sperre folgen: Wie die italienische "La Gazzetta dello Sport" berichtet, soll das Anti-Doping-Tribunal des Weltverbandes UCI "Ende dieser oder Anfang nächster Woche" ein Verfahren gegen den viermaligen Tour-de-France-Sieger eröffnen.
Welche Strategie fährt Froome?
"Wir arbeiten so hart wie irgend möglich daran, diesen Fall zu lösen. Niemand wünscht sich eine schnelle Aufklärung mehr als ich", sagte Froome und sprach von "einer schweren Zeit", in der er sich abgeschottet habe, um sich "voll auf das Training konzentrieren" zu können. Die gesammelten Unschuldsbeweise müssen Froome und sein eigens engagierter Anwalt Mike Morgan nun aber bald vorlegen. Der 32-Jährige könnte mit einem Eingeständnis einer unbeabsichtigten Einnahme des Präparats eine reduzierte Sperre erreichen, sagten Experten voraus. Ob Froome diesen Makel auf seiner bis dahin glänzenden Karriere hinnehmen will, bleibt abzuwarten.