Fusionspoker geht weiter
23. Mai 2006Die Aktionäre der Vierländerbörse Euronext haben sich am Dienstag (23.5.) in Amsterdam nicht auf eine Fusion mit der Deutschen Börse festgelegt. Ein Antrag, wonach die Fusion mit der Frankfurter Börse im besten Interesse der Aktionäre wäre, wurde abgelehnt. Damit ist der Übernahmepoker noch nicht zu Ende.
Bereits am Vorabend hatte sich der Verwaltungsrat von Euronext gegen das Angebot der Frankfurter ausgesprochen. Das Votum der Hauptversammlung bedeutet daher eine Stärkung der Euronext-Spitze. Das Management der Vierländerbörse hatte für eine Fusion mit der New York Stock Exchange (NYSE) geworben. Dieses Angebot biete den besten Preis, die größten Synergien und eine gute Basis für Wachstum, sagte Euronext-Chef Jean-François Théodore. Ein Antrag, die Fusion mit der NYSE zu unterstützen, war nicht zur Abstimmung gestellt worden. Voraussichtlich wird nun eine Entscheidung auf einer außerordentlichen Hauptversammlung fallen.
New Yorker Angebot attraktiver
Im Fusionspoker um Euronext behält die New York Stock Exchange dennoch vorerst die Nase vorn. Denn auch ein nachgebessertes Angebot der Deutschen Börse, das mit einem Volumen von 8,6 Milliarden Euro über der Offerte der NYSE von acht Milliarden Euro lag, konnte die Aktionäre nicht überzeugen. Die Offerte der Deutschen Börse bewertet die Euronext-Aktie mit 76,60 Euro, die von der NYSE vorgelegte Offerte beläuft sich dagegen nur auf 70,80 Euro. Das Angebot der Deutschen Börse schloss dabei auch eine Barkomponente von zwei Milliarden Euro ein.
Wochenlanges Werben
Die Frankfurter werben seit Wochen um Euronext. Die in Paris ansässige Vierländerbörse hatte sich jedoch zurückhaltend gezeigt. Als Knackpunkte bei den Verhandlungen gelten der Sitz der Hauptverwaltung, der nach dem Vorschlag der Deutschen Börse in Frankfurt sein soll und die Zukunft des Wertpapierabwicklers Clearstream.
NYSE ist bereits weltgrößte Börse
Durch einen Zusammenschluss der NYSE und Euronext würde mit einem Wert von 21 Milliarden Dollar (16,6 Milliarden Euro) die größte Handelsplattform der Welt entstehen. Die NYSE ist bereits jetzt die weltgrößte Börse. Sie steht jedoch unter Fusionsdruck, weil ihr US-Rivale Nasdaq mittlerweile mit mehr als 25 Prozent an der London Stock Exchange beteiligt ist. Von einem Zusammenschluss mit Euronext erhoffen sich die New Yorker nach eigenen Angaben Synergie-Effekte im Umfang von 293 Millionen Euro. Die Deutsche Börse in Frankfurt am Main ist Europas größter Handelsplatz für Wertpapiere. Die deutlich kleinere Euronext entstand im Jahr 2000 als erste grenzüberschreitende Börse der Welt. (sol)