G7 kommentiert Operation gegen Iran nicht
19. April 2024Wirklich überrascht waren die G7-Außenministerinnen und Außenminister nicht von dem mutmaßlichen Schlag Israels gegen militärische Einrichtungen im Iran. "Wir wussten, dass etwas kommen würde, nur nicht wann und wie umfangreich", sagten dazu G7-Diplomaten auf der süditalienischen Insel Capri, wo die Gruppe drei Tage lang die Weltlage beriet. Der US-amerikanische Außenminister Anthony Blinken war nach Angaben der italienischen G7-Präsidentschaft vor der Operation von israelischen Stellen informiert worden. Das ist zumindest eine indirekte Bestätigung, dass Israel für den nächtlichen Angriff verantwortlich ist. Da sich Israel bislang nicht offiziell zu dem Angriff mit kleineren Drohnen und möglicherweise einer Rakete auf Anlagen in der iranischen Stadt Isfahan geäußert hat, hält sich die Gruppe der sieben wichtigsten westlichen Demokratien in ihren Stellungnahmen zurück.
"USA waren nicht beteiligt"
"Der Iran muss gestoppt werden, ohne weiter zu eskalieren", sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und fasste damit die Stimmung bei den G7-Vertretern ganz kurz zusammen. Beide Seiten müssten deeskalieren, forderte der Gastgeber der G7-Runde, der italienische Außenminister Antonio Tajani. Deeskalation verlangte auch der US-amerikanische Außenminister Blinken. Die nächtlichen Angriffe im Iran wollte er nicht kommentieren. Nur so viel: "Die USA waren an offensiven Operationen gegen den Iran nicht beteiligt."
Der Iran hatte am letzten Samstag Israel mit 300 Drohnen und Raketen zum ersten Mal direkt angegriffen. Die Angriffe konnten ohne größere Sachschäden abgewehrt werden, aber ein Mädchen wurde im Süden Israels verletzt. Auf diesen ersten direkten Angriff des islamistischen Regimes in Teheran musste Israel offenbar irgendwie antworten. Die G7, und allen voran die USA, hatten das israelische Kriegskabinett gebeten, möglichst zurückhaltend zu agieren, um nicht einen erneuten Schlag des Iran zu provozieren. Auf die Frage, ob sie nun mit einem erneuten Angriff der Iraner rechne, antwortete die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock nicht.
Vergeltung aus dem Iran?
In iranischen Staatsmedien werden die Angriffe aus der Nacht auf Isfahan als relativ folgenlos dargestellt. Luftalarm wurde ausgelöst. Die Drohnen sollen abgeschossen worden sein. Der zivile Flugverkehr wurde nach einer Unterbrechung wieder aufgenommen.
In einem Telefongespräch mit dem iranischen Außenminister Hossein Amirabdollahian hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell gegen den iranischen Schlag vom Samstag protestiert und versucht zu deeskalieren. "Die Region steht am Abgrund eines Krieges und muss vom Abgrund zurücktreten", hatte Borrell mehrfach gemahnt. Jetzt komme es darauf an, den Iran oder seine verbündeten Milizen im Libanon oder Jemen von weiteren Angriffen auf Israel oder Schiffe westlicher Verbündeter im Roten Meer abzuhalten, heißt es von den G7-Diplomaten auf Capri. Der EU-Außenbeauftragte Borrell nimmt an den Sitzungen der G7 teil. Zur G7 gehören die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und Deutschland.
Mehr Hilfen nach Gaza
Die USA und die übrigen G7-Staaten forderten Israel auf Capri auf, eine möglicherweise geplante große Militäraktion gegen Hamas-Terroristen im südlichen Gaza-Streifen, in Rafah, im Moment zu unterlassen. "Wir sind strikt dagegen", sagte US-Außenminister Anthony Blinken. Die geschätzt eine Million Menschen in Rafah hätten keinen Ort, an den sie fliehen könnten, führte Blinken aus. Und selbst wenn sie das Kampfgebiet verlassen könnten, würden sie nicht versorgt werden können. Die G7 fordert eine bessere Versorgung der zivilen Bevölkerung. Israel müsse mehr Hilfsgüter in den Gaza-Streifen lassen. Gleichzeitig wird die Verantwortung der Hamas betont, denn die palästinensische Terrororganisation habe durch ihren Angriff auf Israel den Krieg ausgelöst. Außerdem müssten die Geiseln endlich aus der Gewalt der Hamas entlassen werden, forderte Annalena Baerbock, die deutsche Außenministerin, noch einmal ausdrücklich.
Diplomatische Fehde mit Jerusalem
Annalena Baerbock und der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu waren bei ihrem Gespräch am Mittwoch in Jerusalem über die Lage der Zivilisten in Gaza heftig aneinandergeraten. Das berichtete ein israelischer Journalist, der vom deutschen Boulevardblatt BILD zitiert wurde. Der deutsche Botschafter in Israel wies aber Einzelheiten des Berichtes zurück. Netanjahu hatte behauptet, die Versorgung der Menschen in Gaza sei nicht so schlecht, wie sie international dargestellt werden. Baerbock sprach hingegen von hungernden Kindern und berief sich auf die Einschätzungen und Angaben der Vereinten Nationen. Ansonsten verwies die Ministerin darauf, dass man im Gegensatz zu anderen nicht aus vertraulichen Gesprächen auf höchster Ebene berichte.
US-Außenminister Anthony Blinken sagte, die Gruppe der Sieben halte an einer Zweistaatenlösung für den Nahen Osten fest. Erst wenn das Ziel eines israelischen Staates und eines palästinensischen Staates diplomatisch erreicht worden sei, sei auch eine Anerkennung der Staatlichkeit Palästinas überhaupt denkbar.
Entscheidungen für die Ukraine überfällig
Der Ukraine wird die weitere Unterstützung durch die G7 zugesagt. Jetzt werde man alles daran setzen, weitere Luftverteidigungssysteme für die Ukraine in Beständen des Westens und weltweit zu finden. US-Außenminister Blinken sagte, er gehe davon aus, dass der Kongress in Washington am Wochenende 60 Milliarden Dollar an Hilfe für die Ukraine freigeben werden. "Das hätte schon vor Monaten geschehen müssen, aber jetzt wird das schnell für Erleichterung sorgen", versprach Blinken. Die EU und die Mitgliedsstaaten der NATO müssten jetzt konkrete Zusagen machen, forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die Taktik von Russlands Machthaber Putin, die ukrainische Energie-Infrastruktur durch Drohnen und Raketen zu zerstören, dürfe nicht aufgehen, mahnte die deutsche Ministerin Baerbock. Deutschland wird ein zusätzliches Patriot-Abwehrsystem in die Ukraine liefern. Angeblich sind sechs weitere in den Arsenalen verbündeter Staaten, den Niederlanden und Spanien, ausgemacht worden, über die am kommenden Montag bei einer Tagung der EU-Außenminister in Luxemburg entschieden werden könnte.