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Geringer Schaden für Google

23. März 2010

Nach Ende von Googles Selbstzensur in China wird immer wahrscheinlicher, dass sich der Konzern vom weltgrößten Internetmarkt China zurückziehen muss. Muss das Unternehmen deshalb mit finanziellen Einbußen rechnen?

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Google-Logo mit Konfuzius Karikatur (Bild: Google)
Was würde Konfuzius raten?Bild: Google

Einen großen wirtschaftlichen Schaden würde Google nicht erleiden, wenn die Regierung in Peking den amerikanischen Suchmaschinenbetreiber aus dem Reich der Mitte verbannen würde. Zwar ist es richtig, dass das chinesische Internet mit seinen momentan rund 340 Millionen Nutzern der größte Markt der Welt und zudem noch ein schnell wachsender Markt ist – doch Google profitiert davon nur unterdurchschnittlich. Der Unternehmensberatung Comscore zufolge landeten im vergangenen November gerade einmal 15,1 Prozent aller chinesischen Suchanfragen bei google.cn. Andere Quellen sprechen von einem Anteil von 30 Prozent. Weitaus beliebter ist die chinesische Suchmaschine Baido, die zwischen 60 und 70 Prozent aller Anfragen auf sich zieht.

Chinesisches Internetcafe(Foto: AP)
Chinesisches Internetcafe: Wie weit reicht die Zensur?Bild: AP

Doch die Anzahl der Suchanfragen alleine generiert noch lange keinen Werbeumsatz – und das ist bislang das Geschäftsmodell, von dem Google lebt. Das Internetunternehmen erzielte im Jahr 2008 einen Umsatz von rund 22 Milliarden US-Dollar, und davon kam nur ein Bruchteil aus China. Nach Angaben von Branchenkennern erlöste Google durch Werbeanzeigen von chinesischen Unternehmen im vergangenen Jahr lediglich rund 200 Millionen Dollar. Betriebswirtschaftlich wäre es also für Google überhaupt keine Katastrophe, sich aus dem chinesischen Markt zurückzuziehen – auch wenn dieser rasant wächst.

Globales Geschäft leidet

Es spricht sogar ein noch wichtigeres Argument für einen Rückzug. Denn wenn Google weiterhin mit Internet-Zensur und faulen Kompromissen mit der Führung in Peking in Verbindung gebracht wird, kann dem Internetunternehmen ein Imageschaden in der westlichen Welt entstehen, der weitaus schwerwiegender sein könnte als ein paar Millionen Dollar Umsatzverlust in China.

"Für Google ist vor allem das globale Geschäft wichtig. Das Geschäftsmodell beruht auf Vertrauen. Und wenn das beschädigt wird, dann wäre das katastrophal", zitiert die Financial Times Deutschland den Analysten Sandeep Aggarwal von der Unternehmensberatung Collins Steward. Die jetzt von Google beendete Selbstzensur in China wirkt wie die Einleitung des Rückzugs - werbewirksam, sozusagen mit Pauken und Trompeten.

Google war und ist nicht das einzige Ziel chinesischer Hacker-Angriffe. "Wir haben entdeckt, dass mindestens 20 andere Unternehmen zum Ziel wurden, unter anderem aus den Bereichen Internet, Finanzen, Technologie, Medien und Chemie", schreibt David Grummond, Google- Chefjustiziar im offiziellen Firmen-Blog.

In allen Fällen geht es um Quellcodes, Betriebsgeheimnisse und Lizenzklau. Nichts davon ist wirklich neu. Wirklich aufhorchen lässt die Bereitschaft eines Global Players, auf den Riesenmarkt China verzichten zu wollen, weil ausländische und nicht willfährige Unternehmen dort keine Chance haben.

Wirtschaftsspionage im Regierungsauftrag

Symbolbild Computersicherheit, Tastatur mit Vorhängeschloß
Unternehmer - sichert eure Daten!Bild: picture-alliance/chromorange

Chinas Hacker spionieren weltweit, in allen Branchen, und dieser Technologie-Klau wird vermutlich von der Regierung und von chinesischen Nachrichtendiensten nicht nur geduldet, sondern finanziert und organisiert. Experten sprechen von einer regelrechten Hackerschulen-Industrie.

Bertold Stoppelkamp, Geschäftsführer der deutschen Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft in Berlin rät deshalb den deutschen Unternehmern, ihre Mitarbeiter für mögliche Hacker-Angriffe zu sensibilisieren - so wie Google nun weltweit die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert hat. Außerdem empfiehlt er die "Installierung von sicheren IT-Strukturen, Verhaltensregeln beim Umgang mit dem Kunden und, ganz wichtig, Informationen über Risikolagen im Ausland, auf den ausländischen Märkten, sei es von der dort vorhandenen Kriminalitätsbelastung bis zu Einschätzungen zur politischen Lage bzw. Entwicklungen in den Regionen.“

Auf ein anderes Problem verweist der deutsche IT-Bundesverband BITKOM. Er fordert einen freien Zugang zum chinesischen High-Tech-Markt. Zum einen würden die Chinesen eigene Standards entwickeln, die von internationalen Normen abweichen - für europäische Hersteller wäre dies eine Zugangsbarriere zum chinesischen Markt. Auch die geplante Zertifizierung bestimmter IT-Sicherheitsprodukte ist dem BITKOM ein Dorn im Auge. Die Behörden in China wollen die Anbieter dabei zwingen, die Quellcodes oder die Baupläne von Chips offenzulegen. Damit aber - so bemängelt BITKOM - sei der Schutz des geistigen Eigentums nicht gewährleistet.

Die Abwanderung von Know How in Richtung China - für die deutschen Unternehmen ist das nach den Worten von Berthold Stoppelkamp derzeit die größte Gefahr. Der Schaden allein für die deutsche Wirtschaft durch diesen Diebstahl von Produktions- oder Konstruktionsgeheimnissen liegt vorsichtigen Schätzungen zufolge bei rund 20 Milliarden Euro - pro Jahr.

Autor: Rolf Wenkel / Henrik Böhme (ako)

Redaktion: Klaus Ulrich (ako)