Proteste in Hongkong eskalieren
4. Oktober 2014Nach tagelangen meist friedlichen Kundgebungen sind die Proteste in Hongkong in Gewalt umgeschlagen. Die Zusammenstöße fanden zunächst vor den Regierungsgebäuden statt, die von den Demonstranten blockiert wurden. Später gab es in zwei belebten Einkaufsmeilen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten, unter denen sich aufgebrachte Anwohner und Geschäftsleute, aber auch organisierte Schläger befunden haben sollen. Es gab chaotische Szenen und teils harte Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften.
Für die gewalttätigen Angriffe macht die Polizei mafiös organisierte Triaden-Banden verantwortlich. Aktivisten verdächtigen pekingfreundliche Kräfte, die Schläger geschickt zu haben. Die Polizei spricht von 19 verhafteten Personen. Acht von ihnen sollen Verbindungen zur Hongkonger Unterwelt haben.
Kritik am Verhalten der Polizei
In der Finanzmetropole kursiert allerdings auch das Gerücht, die Polizei selbst habe die Kriminellen zur Einschüchterung der Demokratiebewegung eingesetzt. Demonstranten, Reporter und Abgeordnete der warfen den Ordnungshütern übereinstimmend vor, am Freitag nicht gegen die Angriffe auf friedliche Protestierende eingeschritten zu sein.
Der demokratische Abgeordnete Albert Ho sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Polizei habe sich sehr nachsichtig gegenüber den Provokateuren gezeigt: "Ich habe Grund zu der Annahme, dass das die letzte Option für Hongkongs Mächtige ist, um die Proteste von der Straße zu bekommen."
Als Reaktion auf die Gewalt erklärten einige der Studentenführer die für diesen Samstag geplanten Gespräche mit der Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone für "vorerst ausgesetzt". Die Studentenvereinigung verlangte energischeren Schutz durch die Polizei. Man habe "kein Vertrauen mehr in die Staatsmacht".
Herausforderung für die KP
Zehntausende Demonstranten stemmen sich in der ehemaligen britischen Kronkolonie seit Tagen gegen eine von China beschlossene Wahlreform. Zwar soll die Bevölkerung Hongkongs im Jahr 2017 erstmals direkt einen Verwaltungschef wählen dürfen, die Staatsführung in Peking will die Kandidaten jedoch zuvor auswählen.
Die Studenten fordern zudem den Rücktritt von Verwaltungschef Leung Chun Ying, dem sie vorwerfen, ein Handlanger der Pekinger Kommunisten zu sein. Leung lehnt einen Rücktritt jedoch kategorisch ab. Beobachter sprechen von der schwersten Krise seit der Rückgabe Hongkongs an China 1997.
djo/ml (afpe, ape, dpa)