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Holzkohle: Kongos schwarzes Gold

Simone Schlindwein20. Februar 2015

Mit dem Handel von Holzkohle verdienen die Rebellen im Kongo Millionen pro Jahr. Dafür holzen sie den Regenwald ab. Die "Frauen der Sonne" wollen den Wald schützen und haben einen neuen Ofen entworfen.

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Holzkohle im Ostkongo
Bild: DW/S.Schlindwein

Karenga ist ein kleines Dorf hoch oben auf einem Hügel unweit der Millionenstadt Goma im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Von Karenga aus kann man ins Tal sehen. Dort erstreckt sich der Virunga-Nationalpark, Afrikas ältestes Naturschutzgebiet und Heimat der seltenen Berggorillas. Doch von Karenga aus sieht man ein erschreckendes Bild. Wo einmal ein Regenwald mit jahrtausendealten Bäumen stand, gibt es jetzt nur noch verbrannte Erde, soweit das Auge reicht.

Auf dem Dorfplatz von Karenga stehen riesige Säcke, wie Dominosteine aufgestellt in einer Reihe, fertig zur Abholung. Säcke voller schwarz-silbrig glänzender Holzkohle, Afrikas wichtigster Haushaltsware. Hier im Ostkongo haben nur drei Prozent der Haushalte Zugang zu Strom. Der Rest kocht täglich auf Holzkohleöfen. Die Nachfrage nach Holzkohle ist enorm. Die nahe gelegene Millionenstadt Goma und ihre gigantischen Flüchtlingslager werden von Karenga aus versorgt.

Schwerstarbeit für einen Hungerlohn

Holzkohleverkäuferin im Ostkongo Foto: Simone Schlindwein
Abfackeln im Virungapark verboten. Doch Frauen bleiben von der Parkverwaltung verschont.Bild: DW/S.Schlindwein

Eine Frau kommt den Hügel hinaufgestapft. Auf dem Rücken trägt sie einen gigantischen Sack, deren Trageriemen um ihre Stirn verläuft. Schweiß rinnt ihr übers Gesicht, sie ist erschöpft. Fünf Stunden lang war sie unterwegs, den Sack aus dem Wald bis nach Karenga zu transportieren. Sie heißt Sifa Amisi, sagt sie und erzählt, dass sie den Sack in Karenga für 10.000 kongolesische France verkauft, etwa 9,30 Euro. Sie habe ihn im Wald für 4000 gekauft. Doch auf dem Weg müsse sie überall an den Straßensperren Wegzoll zahlen, jeweils 1000 France. "Ich mache pro Sack höchstens 1000 kongolesische France Profit, manchmal nur 500. Aber ich habe keine Wahl, es gibt hier keine andere Arbeit, wie sollen wir für unsere Kinder aufkommen?", erzählt Amisi. Sie habe acht Kinder. Es sei eine beschwerliche Arbeit. "Täglich marschiere ich mit dem Sack 26 Kilometer. Mein Rücken schmerzt sehr."

Es sind die Frauen, die hier die Schwerstarbeit machen, weil die Parkverwaltung die Frauen nicht verhaftet, wenn sie erwischt werden. Denn das Geschäft mit der Holzkohle aus dem Park ist illegal. Profite machen vor allem die Rebellen, die sich im Nationalpark eingenistet haben, allen voran die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas). Für sie ist der Holzkohlehandel eine wichtige Einkommensquelle - mit gewaltigen Langzeitschäden für die Umwelt, erklärt Thierry Lusenge von der Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Natur (WWF) in Goma. Er nennt den Krieg als Hauptursache allen Übels, der enorme Folgen nach sich ziehe: "Zum einen die Masse der Vertriebenen, die hier in Goma siedeln und zum anderen die Einnistung der Rebellengruppen im Park", erklärt Lusenge. Er hat in seinen vergangenen Studien berechnet, dass im Jahr 2006 bis 2008 der Bedarf an Holzkohle bei 50 bis 60 Millionen Tonnen pro Jahr lag. 2012 waren es 80 Millionen Tonnen. Dafür werden 20.000 Hektar Wald gefällt, 80 Prozent davon stammt aus dem Park, so Lusenge. "Es sind die Rebellen und die Soldaten der Armee, die die Holzkohle produzieren. Aber sie benutzen die Frauen um sie auf den Markt zu transportieren, weil diese nicht verhaftet werden."

Virunga-Nationalpark Foto: Simone Schlindwein
Raubbau an Afrikas ältestem Naturschutzgebiet: Virunga-NationalparkBild: DW/S.Schlindwein

Frauen der Sonne

Der Holzkohlehandel ist für die Armee und Rebellen ein Millionengeschäft. Die Parkverwaltung spricht von einem geschätzten Umsatz von 30 Millionen Dollar pro Jahr. Um den Regenwald zu schützen haben sich jetzt Frauen zu einem Verband zusammengeschlossen. "Frauen der Sonne" heißt er.

Holzkohlofen des Vereins "Frauen der Sonne" Foto: Simone Schlindwein
Neuer Ofen, weniger Kohle - Holzkohlofen des Vereins "Frauen der Sonne"Bild: DW/S.Schlindwein

In einer Werkstatt nahe eines Flüchtlingslagers hocken ein Dutzend Frauen auf dem Boden und bauen aus Lehm Holzkohleöfen. Die Frauen wurden von den Rebellen aus ihren Dörfern vertrieben, viele wurden vergewaltigt. Sie leben in den Flüchtlingslagern. Öfen zu bauen gibt ihnen einen kleinen Job und ein Einkommen, erklärt Adeline Tsongo, die Chefin des Verbandes. "Unsere verbesserten Öfen verbrauchen viel weniger Kohle als die herkömmlichen", sagt sie und nennt ein Beispiel: Eine Familie von zehn Personen konsumiert einen Sack Kohle in zwei Wochen. Mit den Öfen der "Frauen der Sonne" reiche ein Sack pro Monat. Das sei wirtschaftlich ein enormer Unterschied pro Haushalt, so Tsongo. Die verbesserten Öfen seien nicht so schädlich für die Gesundheit, denn sie qualmten nicht. Man könne sie sogar im Haus benutzen. Die Kohle glühe viel länger und gebe mehr Hitze ab, sagt Tsongo: "Wenn man beispielsweise Bohnen kocht, stelle ich die um 8 Uhr auf den herkömmlich Ofen, sind sie um 13 Uhr gar. Mit unserem Kocher kann man die Bohnen schon um 12 Uhr auf den Tisch stellen."

Über 60.000 Öfen hat der Frauenverband seit Beginn seiner Arbeit 2009 verkauft. Nicht nur an Privathaushalte, sondern auch an Schulen, Krankenhäuser Restaurants und Hotels. Zehn Frauen haben in der Werkstatt eine Arbeit gefunden, mit der sie ihre Kinder zur Schule schicken können. Und auch der Bedarf an Holzkohle wird geringer, was langfristig den Virunga-Nationalpark schützt.

Holzkohlesäcke in Karenga Foto: Simone Schlindwein
Einträgliches Geschäft: Verkauf von HolzkohleBild: DW/S.Schlindwein