Integrationsgipfel könnte sich als Show-Veranstaltung entpuppen
14. Juli 2006Bisher galt die Devise: Befragte man zwei deutsche Politiker zum Thema Integration, bekam man mindestens drei kluge Antworten. Gleichzeitig zeigen sich an allen Ecken und Enden Probleme, die mit einer nicht vorhandenen oder einer verfehlten Integrationspolitik zu tun haben: Jugendliche Migranten, die schlecht Deutsch sprechen und die Schule nicht schaffen, sind nur eines davon. Das Ziel der Bundesregierung ist vor diesem Hintergrund besonders ehrgeizig: Bis zum Jahresende soll ein nationaler Integrationsplan stehen.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bringt die Schwierigkeiten auf den Punkt: "Wir haben eine Situation, dass Einwanderer in der Regel schlechtere Bildungschancen haben. Das hat etwas mit unzureichenden Deutschkenntnissen zu tun." 18,1 Prozent hätten gar keinen Schulabschluss, 41 Prozent hätten einen Hauptschulabschluss. "Und wir haben mangelnde oder keine Ausbildung bei Migranten zu verzeichnen: Ihre Ausbildungsquote liegt bei 25 Prozent, während sie bei Deutschen bei 61 Prozent liegt", erklärt der SPD-Generalsekretär.
Defizite bei Sprachförderung
Dass gute Sprachkenntnisse ein Schlüsselfaktor für die erfolgreiche Integration in die deutsche Gesellschaft sind, darüber besteht Einigkeit bei den Teilnehmern des Integrationsgipfels. Gerade bei der Sprachförderung gibt es aber erhebliche Defizite: Kinder kommen ohne ausreichende Deutschkenntnisse in die Schule, und mit den Jahren potenzieren sich die Probleme.
"Das kann man besser lösen, wenn man, bevor die Kinder in die Schule kommen, möglichst schon dafür sorgt, dass sie Deutsch können", sagt Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Da seien die Eltern gefordert. Da sei die Gesellschaft gefordert. Da soll es zusätzliche Angebote von Ländern und Kommunen geben müssen - der Bund sei dafür nicht zuständig. "Aber Anstöße zu geben, dass mehr gemacht wird, das ist Sache auch der Bundeskanzlerin", fügt der Bundesinnenminister hinzu.
"Gipfel-Mania mit viel Schein"
Zur Diskussion steht, den Besuch von Kindergärten generell kostenlos zu machen und dort eine spezielle Sprachförderung anzubieten. Aber nicht nur über bessere Bildungschancen will die Bundesregierung auf dem Gipfel am Freitag (14.7.2006) reden, sondern auch über die Grundregeln des Zusammenlebens, zum Beispiel über die Beachtung der Frauenrechte.
Die Reaktionen auf den Integrationsgipfel sind höchst unterschiedlich. Vor allem die Oppositionsparteien sind skeptisch. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einer "Gipfel-Mania mit viel Schein". Die Linkspartei befürchtet, die Migranten sollten lediglich bereits gefasste Beschlüsse absegnen. Sogar SPD-Generalsekretär Hubertus Heil mahnte: "Da muss Inhalt rein, und nicht nur die übliche Gipfelei."
Der Islamrat und der Zentralrat der Muslime beklagten sich, dass sie keine Einladung erhalten haben. Demgegenüber nannte die Türkische Gemeinde in Deutschland den Gipfel ein historisches Ereignis. Ihr Vorsitzender Kenan Kolat sagte, der Gipfel könne zwar nicht alle Probleme lösen, aber mit der Lebenslüge aufräumen, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei.